Beim Reiten ist ja vieles Geschmackssache. Von Satteldecken über Lederfarben, Reitoutfits, aber auch Pferderassen oder Körperbau. Das ist menschlich und normal. Man kauft nicht eine Schabracke, wenn man sie hässlich findet (oder man möchte explizit unbedingt eine hässliche Schabracke). Man kauft auch nicht die Pferderasse, die einem optisch gar nicht gefällt und sind wir mal ehrlich – Charakterkäufe werden eher schwer, wenn man das Pferd nicht vorher kannte. Sondern man kauft etwas, das einem als Gesamtpaket gefällt.
Das ist okay. Es zu sagen – ist nie okay. Warum? Weiß man nicht. Bei Serien und Büchern, Filmen und Comics – da darf man sagen: “Ne, ihhhh, ich hasse Game of Thrones.” “Ich liebe alles von Marvel.” Bei Pferden hat man gefälligst alles toll zu finden, Hauptsache es hat vier Beine und nen Schwanz. Gestern erst musste ich mich wieder auf die Finger setzen. Als jemand ganz stolz seine Turnierteilnahme gepostet hat. Bei aller Liebe, ich habe da nur einen überfetteten Rollschinken in unmöglicher Pose gesehen, dazu ein total unpassend wirkender Sattel und ein: “Ist das nicht schöööööön?” Drunter. Äh … ne. Hab natürlich nix dazu gesagt. Aber das Leberwurstbrot war so dick, so schwulstig, so unförmig. Ich fand daran gar nichts schön.
Wäre es ein Buch gewesen, zu dem jemand: “Ist es nicht schöööön?” geschrieben hätte, hätten sich sicher mutige Leute getraut zu sagen: “Ne, ich fand das total blöd.” Beim Pferd darf man das nicht. Als wäre dann das Pferd persönlich beleidigt. Das kann genauso wenig lesen wie das unbewegte Buch. Dahingehend ist es zum ersten und einzigen Mal wie ein unbewegtes Objekt, ja wie ein Auto. Das weiß nicht, wenn man es hässlich findet. Weil’s keinen Unterhaltungen lauscht und bei Pferdbook auch nicht mitliest.
Jetzt sagen sicher einige: Ja, aber das muss man dem Reiter doch nicht sagen. Ne, muss man natürlich nicht. Aber man kann ja diplomatisch sagen: Sorry, ist nicht meins. Das ist dann leider die Kriegserklärung. Anschließend ist man Antichrist, irgendwelche Mängel an deinem Pferd (oder deiner Reiterei) werden gesucht und BÄM – Selber doof.
Ich nehme mir trotzdem einfach das Recht raus, manche Pferde nicht schön zu finden (und ich bin mir sicher, meinen Knochenkopp findet auch nicht jeder schön). Ich selbst werde sicher auch nicht von jedem als schön empfunden. Das ist die harte, bittere Realität, die manche Pferdemädchen mal wieder verdrängen, weil sie auf dem Ponyhof rumturnen. Ganztags. Mit Doppelschicht.
Früher hatten wir so ein Pferd im Stall. Lulatsch mit Riesenkopf. Was standen wir damals alle dumm an der Reithalle: “Mein Gott ist der hässlich – aber wie der läuft – Wahnsinn.” Denn nur, weil ich etwas jetzt nicht hübsch finde, spreche ich ihm ja nicht seine Leistung ab (es sei denn, seine einzige Leistung wäre schön sein).
Schön sein ist eben etwas ganz Subjektives. Und man muss auch ganz banal damit leben, wenn jemand anderes das Schönheitsideal nicht teilt. Ich meine, wir reden hier von Optik. Wie unwichtig ist das? Sehr! Wie kann man also überhaupt darüber streiten, wo doch jeder ein eigenes Schönheitsideal hat? Und wenn ich den Araber da hinten nicht so schön finde, wie den Friesen und den Andalusier vielleicht am Allerschönsten, dann ist das doch keine persönliche Kränkung, die man wegzustecken hat, sondern einfach ein: “Ah, die mag also andere Sachen als ich.” Na, so was! Jaja, übergeordnet mögen wir alle Pferde. Aber da gibt es nun mal auch Feinheiten Vorlieben. Man geht ja auch nicht mit jedem Mann aus, nur weil er das Grundmerkmal Mann erfüllt.
Foto: Möppel