Oh, oh, oh … was habe ich nur in den letzten Tagen wieder für „Hengsthalter“ sehen müssen? Da fragt man sich schon, was da nicht ganz richtig gelaufen ist. Braucht man ein Prestigeobjekt? Scheint fast so. Oder einen „ganzen Kerl“ – weil daheim keiner wartet?
Hengsthalter haben es eh schon schwer – auch solche, die ihren Hengst artgerecht und aus gutem Grund Hengst lassen (Deckeinsatz, Renntraining mit eventueller Option auf Deckhengstkarriere). Im Stall hat die Hälfte der Leute Panik vor dem Hengst, die Stutenhalter rennend schreiend im Kreis, wenn man in die Halle kommt und anfassen will den auch keiner.

Scheinbar scheint das manchen Leuten zu gefallen, denn sie wollen einen Hengst. Und sie halten sich einen. Weil! Und ich weiß schon, dass es scheiße wird, wenn folgende Sätze fallen:
„Auf Papieren kann man nicht reiten, also braucht er keine, wenn ich ihn decken lassen.“
„Der soll nur mal meine Stute decken, sonst nichts.“
„Ach, der ist ganz lieb, der muss halt nur alleine stehen.“
„Ne, wieso soll ich mehr Strom auf den Zaun machen?“
„Der verliert ja sonst die Ausstrahlung.“ – „Was reitest du denn?“ – „Ich geh nur ins Gelände. Aber mit Halsring.“
„Kann ich ja später noch kastrieren.“
„Ist ja mein eigener Stall, da stört der doch keinen.“
„Nö, der soll nicht decken. Aber warum soll ich den kastrieren lassen?“

Uärgh. Ich kann das nicht mehr hören. Es gibt sicherlich Gründe einen Hengst Hengst sein zu lassen. Mehrere sicher auch. Einer davon ist aber ganz und gar nicht, dass er decken soll – denn es sollte sich einfach nicht jedes Pferd vermehren, nur weil es nett guckt oder eine hübsche Farbe hat. Ohne Papiere, ohne irgendeine sinnvolle Exterieur- und Interieurbeurteilung. Wenn er keinerlei Leistung gebracht hat. Oder einfach nur die Stute unbedingt ein Fohlen haben soll.
Nein, nein, nein. Ich weigere mich zu denken, dass ein vernunftbegabter Reiter so was macht.

Bei Ponys wird es dann noch gruseliger. Die sind doch klein, also können die gar nichts denken (habt ihr Shettyhengsthalter ne Ahnung, wo die Gartenzwerge drankommen, wenn die Hormone Tarantella tanzen?) – ich würde meine Stute nicht mit denen parken. Scheißegal wie groß die ist. Gibt schon kuriose Mischungen auf dem Markt, da muss man nicht noch ausversehen ein paar hinzufügen (und doch gibt es immer mal wieder: Warmblut X Shetty).
Es ist einfach nur hirnrissig. Im schlimmsten Fall rennt so ein Hengst durch den Zaun und macht sich auf die Suche nach was Fickbarem. Und wenn das halt drei Kilometer wegsteht, dann ist das so. Freut sich doch der nette Shettyhalter, wenn das Ponylein plötzlich dick wird.

Und dann ist man ja angeblich „hengstfeindlich“. Hab ich gelernt. Wenn man die nicht im Stall will (weil keine Hengsthaltung möglich ist). Oder wenn man sagt: „Kastrier das arme Vieh, bevor es zu spät für den ist und man gezwungen ist damit zu leben.“
Das ist schon kurios. „Hengsthalter“ (ich setze das bewusst in Anführungszeichen) sind dann auch noch beleidigt, wenn ihnen die Ställe absagen, weil die einfach keinen Platz haben, den unsozialisierten Hengst, der nie Kontakt zu Artgenossen hatte, irgendwie unterzubringen, dass er keinen Schaden anrichten kann. Tja … woran das wohl liegt?

Und dann immer dieses Geheule um die Eier. Dann verändert der sich … ja und? Jeder verändert sich irgendwann. Ich trage auch nicht immer dieselbe Frisur, mag nicht dieselben Dinge wie vor 20 Jahren und außerdem ist das immer noch ein Pferd. Ja, da kann sich der Charakter halt auch mal verändern. Aber was ist da jetzt besser? Ein Pferd, dass ausgeglichen mit seinen Artgenossen gehalten werden kann, oder ein Hengst, der aufgrund der mangelnden Hengsthaltung in seinem Umkreis alleine wohnt, keine Stuten decken darf und auch sonst nur bisschen rumgeritten wird? Ein trauriges, trauriges Pferd. Kein stolzer Hengst, nö. Das kann man sich auch nicht schönreden.
Überhaupt, ist das nicht viel einfacher, wenn man das ganze Theater nicht mehr hat? Und damit meine ich jetzt nicht das Theater mit dem Hengst, denn die sind bei Weitem nicht alle so notgeil, wie manch ein Reiter denkt – manche wissen ihr Leben lang nicht, wofür das Dingen zwischen den Beinen ist.

Ich meine natürlich das Theater, dass man bei der Stallsuche hat. Bei der Haltung. Will man das? Ist daran irgendwas cool? Erhaben? Stolz, ostwindfrisch und frei? Nö. Warum nicht einfach den Kerl kastrieren, wenn man nicht gerade die Krönung seiner Leistungsklasse, die besten Papiere der Welt und dazu noch einen echten Eyecatcher im Stall hat? Der würde sich am Ende bedanken, wenn er könnte. Dafür, dass man ihm dann doch noch ein artgerechtes Leben ermöglicht.

Foto: Lange Beine