Eigentlich fühlt man sich ja schon fast ein wenig schlecht, wenn man mit einer Longe ein eine belebte Halle kommt, denn obwohl es natürlich erlaubt ist zu longieren (denn es ist ja noch kein zweites Pferd da), weiß man doch: Jeder in dieser Halle hasst dich jetzt für deine gesamte Longiereinheit. Was erdreistet du dich überhaupt, da jetzt mit diesem Seilchen herumzuwackeln und dein Pferd zu schleudern?
Ich betrete die Halle mit Todesstern, denn die muss halt ab und zu ein bisschen an die Longe, damit die nicht immer so giraffig läuft. Gymnastik, Dreiecker und so Sachen. Wie blöd die Idee eigentlich ist, geht mir hinterher erst auf, denn das ist schon saudumm einem Todesstern eine so große Umlaufbahn zu verpassen, wie sie das an der Longe hat. Aber Versuch macht eben klug.
Ich grüße, ich gehe in die Halle und bleibe stehen, um den Todesstern richtig zu verpacken, sonst fällt die nachher noch über die Dreiecker. Was ich nicht mit einkalkuliert habe: Meine geistig leicht überforderten Mitreiter. Die sind jetzt schon überfordert, weil ein Pferd in der Mitte steht, und ich kann mich gerade noch so hinter den Todesstern retten, weil da jetzt eine Warmblutfrau unbedingt durch den Zirkel wechseln möchte.
Dabei hab ich ja noch nicht mal angefangen. Die Warmblutfrau zischt mich an. Ja, sorry, andere Menschen steigen halt auch in der Mitte auf – ich will nur meine Dreiecker um den Hals knoten. Reitet halt nicht jeder durch die Stallgasse, nur um nicht in der Halle aufsteigen zu müssen (was übrigens verboten ist … nur so am Rande). Die zischelnde Warmblutfrau geht tuscheln. Hinten links irgendwo, mit ihrer Ponyfreundin. Ja, bitte, soll sie doch. Hol die Stasi. Oder sonst irgendwen.
Ich lasse den Todesstern los, die schlufft brav ihren Zirkel, während ich Longe und Longierpeitsche noch sortiere, da hab ich schon das erste Kind in der Longe hängen. Bin ich eine Spinne und die laufen alle in mein Netz? Wo das Kind herkommt, weiß ich auch nicht, denn es hat kein Pferd. Was macht es dann in der Halle? Ach, es wollte zu Mutti. Todesstern bleibt mit Drohgebärden stehen, nachdem sie das Kind eingewickelt hat und guckt fies. Kinder kann die ja gar nicht leiden. Neben allem anderen. Ich entwirre das Kind, das zur Warmblutfrau gehört, die nun auch brüllt: „Daniiiiiiiiiiiieeeeeeeeeeeelaaaaaaaaaaaaaa!“ Offenbar hat der Name ein paar Vokale zu viel, so wie sie das künftig andauernd sagen wird, denn Kind und Mutti tauschen nun das Pferd.
Ich lasse den Todesstern antraben und vergrößere die Umlaufbahn dann etwa auf Hütchengröße, mehr lassen mir die restlichen Mitreiter dann eh nicht. Nach einer Weile kommen dann noch die Dreiecker dran und ich bin der Meinung, dass ich normal arbeiten kann, aber falsch. Eine Gerte streift meinen Nacken. Verwirrt schaue ich mich um (lasse dabei natürlich den Todesstern aus den Augen) und da grinst mich das Kind an, das Ritterspiele wohl sehr gerne mag. Was sie denn da macht?
„Na, Zirkel verkleinern.“
„Und das geht nicht auf dem FREIEN Zirkel?“
„Ähm …“
Danieeeeeeeeeeelaaaaa hat es wohl nicht so mit logischem Denken. Wer kann ihr das verübeln bei der Mutter?
Weil ich den Todesstern aus den Augen gelassen habe, macht die das, was sie am besten kann: Unruhe stiften. Und rennt bockend los. Die Ponyreiterin rettet sich gerade noch so, eine Kaltblutreiterin hat das Glück nicht, denn ihr Monster ist gerade im Durchzugsmodus und es flippt mit aus.
Ist ein bisschen wie bei Fluch der Karibik – habe erfolgreich ein Kaltblut geentert. Die Besitzerin landet bei der Aktion in der Ecke, rappelt sich schimpfend wieder auf und brüllt ihr Pferd an. Todesstern bleibt vor Schreck gleich mit stehen, denn die Kaltblutbesitzerin ist verdammt laut.
Die Warmblutmutti schimpft, denn ihr Pferd hat mit dem Ohr gewackelt und dabei ist das Kind fast runter gefallen. Frage sie, was es denn IN der Longe zu suchen hat. Wütend packt sie Pferd und Kind und stapft aus der Halle.
Als ich nach einer Dreiviertelstunde aus der Halle komme, ist meine Reitlehrerin auch da und sagt: „Du hast die Danieeeelaaa“ (wer hat entschieden, dass man da so viele Vokale benutzt)? angemeckert?“
„Jein.“
„Ja, was denn nun?“
Ach, lassen wir das. „Ja.“
„Schreib deine Getränke dann heute auf meinen Deckel. Wurd ja echt mal Zeit.“
Hm … mach ich jetzt öfter.
Foto: Gottseidank hab ich mit ihm meine Ruhe an der Longe.