Man ist ja immer selbst schuld, wenn ein Pferd einem auf den Füßen steht. Schließlich lernt man ja immer so etwas wie Sicherheitsabstand und so Späßchen – sofern der Reitlehrer nicht seine Qualifikation im Lotto gewonnen hat und sich auch sonst nicht einen Scheiß darum schert, was seine Schüler auf dem Boden machen.
Irgendwann kommt allerdings der Moment, da beachtet man diesen Abstand nicht. Weil es immer gut ging, weil man niemals bisher getreten wurde, oder einem das Pferd sonst nie auf die Füße geklettert ist.
Diese Nachlässigkeit schleicht sich bei jedem Reiter irgendwann ein – versucht euch gar nicht rauszureden, es wird euch passieren, wenn es nicht schon längst passiert ist. Ich bilde da keine Ausnahme. Der große Glotzschimmel stand mir schon mehrfach auf dem Fuß, aber der hat den Kopf ja auch so weit vom Boden entfernt, der bekommt nicht mal mit, wenn der im Viereck über die Begrenzung drüberwegtrabt. Wie soll er dann mitbekommen, dass er auf meinem Fuß steht? Das war auch gar nicht schlimm, denn obwohl der 1,80 Klotz seinen Huf auf meinen Fuß gestellt hatte, tat das nicht sonderlich weh. Günstige Position eben.
Wirklich schlimm ist das genau einmal geworden. Und ich kann mich eigentlich nicht beklagen, denn ich bin ja selbst schuld. Aber ich tu es einfach trotzdem.
Es begab sich eines schönen Morgens, dass das Stutenlot raus sollte, so wie jeden Morgen auf der Arbeit. Ich hatte wie immer das Muckelwuckelwutzelstütchen, ein treudoofes Fuchspony (mehr als 1,50 hatte die jedenfalls nicht), das auch noch einen klangvollen Namen inklusive dem obligatorischen: „Princess“ besaß. Muckelwuckelwutzelstütchen hatte Winzhufe und treudoofe Hasenaugen, mit denen sie ganz unschuldig klimpern konnte.
Ich gehe in die Box, schnacke mit dem Kollegen gegenüber, sattle, will trensen und lege die Zügel über den Hals. Der Kollege ist bereits fertig und geht raus.
Muckelwuckelwutzelstütchen steht übrigens auf Spänen.
Stute schmust sich in meinen Arm, ich will gerade das Gebiss reinschieben, da macht sie einen Schritt nach vorn. Auf meinen Fuß. Der Fuß sackt runter bis zum Beton der Box und ist komplett gefangen. Muckelwuckelwutzelstütchen guckt mich an, ich guck sie an und fange an zu brüllen. Sie verlagert prompt das Gewicht nach vorn, warum auch immer. Ich brülle immer noch und die Stute bekommt Angst. Warum schreit Mutti denn so? Sie will weg von mir, kommt aber nicht richtig weg, denn wir sind ja in einer Box und ich halte immer noch das Ende der Trense fest. Sie schafft es trotzdem mir zu entkommen, aber nimmt diesen einen gottverdammten Huf nicht von meinem Fuß. Sie dreht nur und schiebt den Huf ein Stück höher.
Sehe Sterne tanzen und brülle mir weiterhin die Seele aus dem Leib, bis der Trainer mich bemerkt.
„Was machst du da?“
„Schreien! Nur so zum Spaß!“
Die Stute nimmt ENDLICH den Huf von meinem Fuß, der ist mittlerweile angenehm taub und labbelig. Prinzesschen kommt wieder angeschmust und ist schwer besorgt, weil sie doch gar nichts falsch gemacht hat. Kann leider nicht zurückschmusen, da ich immer noch fluche.
Trainer setzt mich aufs Pferd. Der Fuß ist eigentlich nicht mehr vorhanden, es puckert lustig darin, sonst ist er aber nur nicht steuerbares Anhängsel, das ich komplett nach hinten geschoben habe, weil vorne wehtut. Ich gehe trotzdem mit auf den Trabring und gehe auch meinen Canter mit. Das Prinzesschen ist ganz artig, aber immer noch sehr darauf bedacht mit mir Frieden zu schließen, denn sie weiß, irgendwas war vorhin komisch.
Gehe mit dem Muckelwuckelwutzelstütchen Schritt, bis der Trainer uns reinwinkt. Will meinen Fuß aus dem Bügel lösen, doch … das geht nicht! Gucke runter. Sieht merkwürdig aus. Wie eine dicke Beule.
Alle steigen ab, nur ich nicht. Ich kann nämlich nicht. Mein Fuß hat sich dem ziemlich kleinen Alubügel angepasst und ist einfach drumherum dick geworden. Mit meinen Gummistiefeletten hat das sehr schön nachgegeben.
Trainer fragt, warum ich nicht absteige. Ich KANN nicht!
Er begutachtet meinen Fuß. Aber er grinst so doof. Muckelwuckelwutzelstütchen ist verwirrt. Was wollen denn jetzt alle? Passt ihr alles gar nicht, sie wird unruhig. Ich auch, immerhin klemmt mein Fuß im Steigbügel und alle Versuche ihn selbst dort rauszuziehen sind bereits gescheitert. Primär weil es wehtut. Komme auch nicht mehr aus dem Gummizeugs.
Ich löse den Bügelriemen und steige dann halt so ab. Mit einem Bügel am Fuß. Muss man auch erst mal schaffen. Trainer geht die Flex holen.
Foto: Ist mir mal gegens Schienbein gesprungen. Das gab Ärger. Da hatte ich nämlich Abstand!