Ich war im Urlaub. In eher … sagen wir: kritischer Lage, man hat ja eine Menge gehört von Flüchtlingen auf Kos, von den Aufständen, die ziemlich blutig niedergeschlagen wurden, aber jetzt wohl der Vergangenheit angehören – wenn man denn der Presse glauben darf.
Wenn man schön in seinem Club bleibt und sich nur faul in der Sonne fläzt – dann bekommt man von den Flüchtingen auch nichts mit, denn die sind ausschließlich in Kos-Stadt und da gibt es ja keine hübschen All-Inclusive Clubs. Und die Griechen binden die Sache einem natürlich auch nicht auf die Nase. Günstig also, dass man als Deutscher sich 0 ableiten kann, wenn man mal an einem Kiosk mit Zeitungen vorbeikommt, da wird man eigentlich auch gar nicht mit „gestört“.
Man ist also geneigt das völlig zu vergessen. Zu Haus wird man dann vielleicht gefragt: Und? Wie ist das mit den Flüchtlingen? Och, nee da sind eigentlich keine, hab keine gesehen.

Sie sind aber da, wenn man sich einmal selbst aufmacht Kos-Stadt zu besuchen. Ich wette, dass die geführten Touristentouren nun einen Bogen um den Bereich machen.
Wir sind da jedoch ganz unbedarft herumgeschlichen, ganz ohne Tour, mit dem Linienbus hin, in der Stadt abgesetzt. Touristen ohne Ende, furchtbar viele Restaurants, wo man ständig angesprochen wird. Bisschen wie in Palma. Eher unangenehm.

Besucht man den Apollo-Tempel, geht ein Stück weiter, kommt man in einen kleinen Park. Dort steht ein gelber Kasten – For the animals. Das fand ich nett, denn mit Tierschutz haben es manche griechische Inseln so gar nicht und habe, weil dort drei Katzen sehr erwartungsvoll saßen, ein wenig Kleingeld hineingesteckt. Das war eine spontane Entscheidung, weil ich zur Crazy-Catlady neige. An Katzen kann ich so gar nicht vorbeigehen.

Geht man nur drei Schritte weiter, am Dickicht vorbei, stehen dort Zelte. Zuerst ist man verwirrt, wer zeltet denn hier – die Flüchtlingsproblematik so fern, dass man einen Moment braucht um zu verstehen. Geht man weiter durch das Tor auf dem Foto, ist man mittendrin. In einer Zeltstadt an der Promenade. Auf winzigstem Raum aufgereiht, die komplette Promenade vom Hafen entlang (natürlich nicht bei den Touri Restaurants sondern im Industriebereich des Hafens) hunderte von Zelten. Menschen darin. Viele Männer, sehr wenig Kinder und Frauen. Verfolgt man z.B. heute die Nachrichten, muss man leider feststellen, dass Frauen und Kinder es oftmals nicht schaffen.
Direkt vor der Johanniter Burg, die dort thront, stehen also die Zelte. Und 4 Dixie Klos für all diese Menschen. Im Park zuvor ein großer Haufen Müll – jaja, die Flüchtlinge schmeißen alles einfach weg. Eine Alternative gibt es jedoch nicht. Mülleimer stehen dort nämlich keine zusätzlichen.

Man geht so hindurch, weil es einem irgendwie asozial erscheint, bei dem Anblick den Rücktritt anzutreten, doch man fühlt sich unwohl. Nicht, weil die Flüchtlinge so bedrohlich sind, sondern weil man selbst dort entlangschlendert – Urlaub. Dort, wo Menschen um ihre Angehörigen bangen, und mit nichts ankommen. Im Hafen – halb versunkene, marode Boote. Kann man sich ausmalen, wieso viele die Überfahrt nicht schaffen. Es ist unangenehm. Wenn man selbst so viel hat und dann so etwas sieht.
An der Promenade selbst – Touris die verstohlen mit halbhohem Handy einen Schnappschuss für Zuhaus machen – oh, Flüchtlinge – guck doch mal!

Die Leute scheinen freundlich. Baden im Hafenwasser, obwohl das nicht das sauberste ist. Militär und Polizei unterwegs. Keiner bettelt. Keiner spricht uns überhaupt an. Aha – das sind sie also, die unverschämten, pöbelnden Schmarotzer. Wir verschwinden nach einer Weile, weil wir uns dort wirklich mies fühlen. Da können die Menschen nichts für.

Habe die ganze Zeit an mein Kleingeld denken müssen, dass ich in spontaner Regung in den Kasten geworfen habe. Suche aber vergeblich einen Ähnlichen: For the refugees. Traurig, dass es keinen gibt.