Ja, stell dich schon mal seelisch drauf ein, das wird nämlich künftig von dir gefordert. Ja, ich rede von dir! Du überlegst doch sicher gerade ein Pferd zu kaufen, oder? Gut. Dann musst du alles wissen. Wirklich alles. Wenn du das nicht weißt, tja … dann stirbt dein Pferd. Oder du, weil dich ein wütender Mob aufknüpft. Virtuell, oder im Stall. Na? Angst? Gut! Bist du zum Beispiel Botaniker? Weißt du, was alles tödlich ist? Kannst du jede Pflanze auf deiner künftigen Weide bestimmen? Weißt du, was mit dem Pferd passiert, wenn es das frisst? Bekommt es Schnappatmung, Keuchhusten oder lustige Punkte? Na, na? DU WEIßT DAS NICHT?
Weißt du eigentlich, wie deine Hufeisen zu sitzen haben, wie steil das Pferd stehen sollte mit der Fehlstellung der Beine? Wie lang sollten die Schenkel der Eisen sein? Na? Na? DU WEIßT DAS NICHT?
Dann … willkommen im Club! Niemand weiß alles. Niemand weiß (egal was die behaupten) wie jede Pflanze auf seiner Kack Weide heißt und niemand guckt die jeden Tag nach. Falls doch … wow … ich hätte Besseres mit meiner Zeit zu tun, als jeden Quadratmeter Gestrüpp auf einer Weide abzusuchen. Und wenn irgendwelche Idioten am Zaun füttern, nützt das halt auch gar nichts. JKK erkenne ich ja noch. Oder so andere gängige Sachen, die Pferde nicht fressen sollen. Eibe oder so. Aber jedes Pflänzchen auf der Weide? Nein, das kenne ich nicht. Ich verlasse mich also jeden Tag darauf, dass das Pferd nicht genau die eine unbekannte Pflanze, die einem so, wenn man mal kontrolliert, durch die Lappen gegangen ist, nicht frisst. Oder sie einfach anstandslos verdaut. Und wenn wir ehrlich sind machen das 99% der Reiter so. Und sind sogar dankbar, wenn da jemand mit mehr Ahnung kommt und sagt: „Hey, das würde ich aber wegmachen, das ist ungesund für Pferde.“ Ja, Mensch … super. Danke. Und das meine ich wirklich nicht ironisch. Ich kenne nämlich nicht alle Pflanzen, die so in der deutschen Wildbahn vorkommen.
Problem ist nur: Man darf nicht sagen, dass man irgendetwas nicht erkennt oder kennt oder weiß. Man muss es immer wissen. Und wenn man es nicht tut, ist man scheiße und hat keine Ahnung von Pferdehaltung. Wie viele Leute einem ja auch vorbeten, dass man alles über Hufe wissen muss, bevor man sich ein Pferd kauft … wofür gibt es denn Fachmänner? Nein! Die sind eh alle schlecht und haben keine Ahnung. Die haben dann per se keine Ahnung, nach drölfjähriger Ausbildung, aber der Reiter muss sie haben. Der hat mal ein Ebook zum Thema Hufbearbeitung gelesen und ist jetzt der King von Hinterarschnasenhausen.
Das Schlimmste an der Sache ist – man lernt ja eigentlich gern was Neues. Ich zum Beispiel. Ich verweise gerne noch mal darauf, dass ich mir früher keinerlei Gedanken darüber gemacht habe, wie eine Longierbrücke funktioniert – fand die eigentlich gut – dann hat man nicht immer nur Zug auf einer Seite. Und wenn mir das jemand nett und freundlich sagt, dann finde ich das super, kann was damit anfangen und etwas ändern – sofern ich natürlich alles verstanden habe. Dafür muss man mir dann etwas erklären. Macht sich jemand die Mühe, kommt das auch bei mir an (was nicht bei mir ankommt sind: Rennsport ist böse, weil … *Hier PeTA Video einsetzen* – Mit Gebiss reiten ist Quälerei – oder – Hufeisen sind Tierquälerei – Bullshit bleibt Bullshit egal mit welcher engelsgeduld man den erklärt).
Was nicht ankommt, ist die Art, die leider die meisten Reiter am Leib haben, wenn sie sich überlegen fühlen. Eventuell haben sie nämlich etwas, das andere nicht wissen. Also besitzen sie den Wissensvorsprung. Aber mal ehrlich – solange ich nicht die Lottozahlen von morgen weiß, kann ich doch den Schnabel aufmachen. Die Lottozahlen würde ich euch nicht sagen … ich behalte meine Kohle dann doch lieber für mich selbst.
Zurück zu den Reitern die was wissen. Die bitchen dann rum. Gerne fangen solche Belehrungen mit: „Also JEDER weiß doch, dass …“ an. Ist ja schon Blödsinn an sich. Offensichtlich weiß ja NICHT JEDER, sonst käme die Frage doch gar nicht. Jeder weiß, dass ein Pferd vier Beine hat. Es weiß aber heutzutage ja auch immer noch nicht jeder, woher Schlauchgeräusche kommen (was ja auch verdammt unterschiedliche Gründe haben kann), es weiß auch nicht jeder, dass Pferde nicht kotzen können und es weiß auch nicht jeder, wie herum die Schnalle beim geschlossenen Halfter gehört (auch wenn mich das aufregt … ich muss trotzdem niemanden dafür belehren).
Es macht halt so viel Spaß jemandem auf die Nase zu reiben, was er nicht kann oder nicht weiß. Da fühlt man sich gleich viel besser (man selber weiß ja was) und merkt gar nicht, dass man sich damit in etwa so beliebt macht, wie die Kinder, die früher in der Schule noch Fragen gestellt haben, nachdem es schon geklingelt hat.
Und das Dämlichste an der Sache: Von solchen Leuten nimmt man nichts an. Warum also belehren? Erklären reicht völlig. Kommt an, hilft vielleicht mal irgendwem – Vierbeiner oder Zweibeiner und am Ende ist halt mal irgendwer nicht die Arschnase. Zu viel verlangt?
Foto: … nein: Malerei! Heute Malerei. Von Stephanie, die mich gestern mit diesem Schmuckstück überrascht hat. Vielen lieben Dank