Reiterwohnungen erkennt man schnell. Wirklich schnell, meist schon, bevor die die Tür geöffnet haben. Denn draußen stehen die vermatschten Stallschuhe und Stiefel. Sollten die aber mal nicht vor der Tür stehen (oder im Stall gelagert werden), dann ist es dennoch sehr einfach den Reiter an sich auszumachen. Schon anhand der ganzen Fotos, die er auf jeden Fall in Szene gesetzt hat, denn schließlich soll doch jeder das Pferd sehen!

Die obligatorischen Schleifen hängen meist drumherum drapiert. Weniger turnierbegeisterte Reiter haben stattdessen Hufeisen, noch mehr Fotos, oder ein Halfter an die Wand getackert. Manche auch alles zusammen. Daran erkennt man natürlich als allererstes den Reiter. Aber auch an kleinen, subtilen Dingen im Umkreis, wenn man nur mal kurz in den Flur schaut, ist der Reiter eindeutig zu identifizieren. Oder anhand der Waschküche.

Denn so alle paar Monate fängt der an merkwürdige Tischdecken zu waschen, die vielleicht weniger eingeweihte nicht näher definieren können. Eingeweihte wissen, hier wäscht grad wer seine Schibbi-Schabbi Kollektion. Muss ja schließlich auch mal sein. Auf dem Wäscheständer sieht es jedenfalls aus, als wäre spontan Karneval ausgebrochen. So viele Farben, so viele merkwürdige Sachen. Halfter, Gamaschen mit Fell … und was sollen die 200 Rollen buntes Klopapier?
Mitbewohner im Haus stehen jedenfalls fasziniert vor dem Wäscheständer und fragen sich, was denn mit der Nachbarin im zweiten Stock nicht richtig ist.

Hat der Reiter tatsächlich keinerlei Pferdebilder in der Wohnung und keine Stiefel vor der Tür UND man hat seinen Wäschekeller nicht gesehen, findet man trotzdem immer was. Medikamente, die irgendwie nicht für Menschen sein können, denn sie sind viel zu groß. Oder frisch gekaufte Zusatzpülverchen auf denen die verdächtige Pferdesilhouette prangt. Ist das alles Pferdebalsam? Und wieso stehen da total ungeniert eine Peitsche und eine Gerte im Flur? Ist man hier in einem sehr offenen SM Haushalt? Keine Angst – nur bei einem Reiter.

Es ist außerdem verdächtig, dass sie Tassen mit kleinen Pferdchen darauf haben. Auch wenn sie schon durchaus 50 Jahre alt sind, diese merkwürdigen Gastgeber. Und bei den Tassen bleibt es nicht, denn Reiter kaufen schon gerne Sachen mit einem Pferd drauf – ich wette, wenn ich bei euch ins Wohnzimmer latsche, sehe ich Ikeakissen mit Dalarna-Pferdchen und Tassen mit ebendiesen. Und bevor jemand was sagt: Ja, die habe ich auch.
Reiter werden eben einfach immer von Pferden angezogen. So ist es auch nicht verwunderlich, wenn sie Hufeisen oder Minitrensen als Schlüsselanhänger haben.

Haben sie auch das nicht, gibt es aber dennoch diverse Möglichkeiten sie zu enttarnen. Mal fernab von ihren Gesprächen. Denn in der Wohnung gibt es, trotz Putzfimmel, immer mal wieder die dreckigen Spuren von Schuhen, oder Stroh auf dem Boden, das an den Socken geklebt hat. Außerdem hängt irgendwo immer eine Stalljacke. Und wenn sie sich selbst den ganzen Tag hinterherputzen, dann findet sich trotzdem noch eine Tierarztrechnung, eine neue Schabracke, oder das Preisschild eines Pferdesporthauses irgendwo, sodass man eindeutig merkt: Hier stimmt was nicht.

Trifft man sie außerhalb ihrer Wohnung an, ist es auch nicht so schwer. Ein Blick in Taschen (Leckerlies!) genügt dann auch meist. Manchmal sind sie gar im Stalloutfit unterwegs. Und in das Reiterauto will sowieso niemand gucken, man ist ja nicht bescheuert! Da könnte man auch gleich in ein schwarzes Loch schauen.

Wir Reiter möchten das ja wirklich trennen … echt jetzt. Denn wir wissen auch: So ein Stall ist dreckig und man möchte nicht gerade die letzte Messiwohnung haben. Aber wir schaffen es einfach nicht. Irgendetwas nehmen wir immer mit nach Hause. Ihr müsst Nachsicht mit uns haben. Wir meinen das nicht böse. Und wir räumen unser buntes Klopapier (aka Bandagen) und die Tischdeckchen (aka Schabracken) auch wieder weg. Ehrlich jetzt! Sobald wir dran denken …

Foto: Frauchen schleppt auch schon wieder Kram an.