Ab und zu verirre ich mich in einen Reitladen. Das ist schon so eine kleine Welt für sich. Normalerweise schaffe ich es zu Zeiten in den Laden, wo niemand da ist und mir die Verkäuferinnen dann auf Schritt und Tritt folgen (was ich ja so super leiden kann) – irgendwann brauche ich doch bestimmt deren Hilfe! Nein, ich brauche keine Hilfe beim Gucken! Schreibt’s euch hinter die Löffel.

Zurück zum Reitladen. Am Samstag hab ich irgendwie verpeilt zu einer Uhrzeit hinzugehen, wo dort nichts los ist. Und ich durfte den Mikrokosmos Reitgeschäft gleich genauestens erkunden und erleben.
Schon im Vorraum geht es los, wo ein entnervter Mann seiner Freundin hinterherrennt: „NUR EIN TEIL HAB ICH GESAGT.“
Instinktiv schmeiße ich vor Schreck den Strick, den ich mir am Eingang gegriffen hab gleich mit weg. Nur ein Teil! Nein, halt, ich bin ja allein.
Die Freundin rollt mit den Augen und sagt „Jaja …“ Heißt bekanntlich: Leck mich am Arsch.

In der Ecke mit den Stiefeln und den Helmen sitzt eine Familie. Kind lernt scheinbar gerade reiten, hat auch schon eine fesche Glitzergerte und einen Deckel auf dem Kopf, der ihr ständig in die Augen rutscht. Die Verkäuferin hat Schweißperlen auf der Stirn, weil sie mittlerweile drölfzig Kartons neben der Familie stapelt. Ich husche weiter, weil sie den Weg zu den Stiefeletten blockieren und nehme mir vor, auf dem Rückweg hinzuegehen, weil meine ein Loch haben.

Ich schlurfe in die Schnäppchenecke um irgendetwas zu kaufen, was billig ist und ich vielleicht gebrauchen könnte, da turnt eine Mutter mit ihrem Kind im Weg herum. Und das Kind scheint ein bisschen hyperaktiv zu sein, denn es brüllt unentwegt. „MAAAMAAAA … guck doch mal!“ Reißt ständig Halfter, Gamaschen, Bandagen aus den Regalen und hält sie Muttern vor die Nase, die offenbar ein paar Valium genommen hat, denn die ist schwer gechillt.
Ich mustere beide und muss feststellen – das ist gar kein Kind, es hat schon Brüste. Ist aber noch ein paar Nummern kleiner als ich … was schon echt eine Kunst ist. Jedenfalls ist es ein Teenager und die hat ein Pony, das eine Farbe hat, die zu nix passt! Das brüllt sie nämlich andauernd durch den Laden. „MAAAMAAA, das würde ich soooooo gern haben, aber das passt meinem Pony ja nicht.“ Das „Mein“ Pony betont sie andauernd so massiv, dass ich annehme, sie ist höchstens die Reitbeteiligung die einmal die Woche kommt.

Ich flüchte in die Futterabteilung, weil das Pferd einen neuen Salzleckstein braucht. Da stehen auch schon wieder Leute und sind zu doof eine Tonne aus den anderen Tonnen zu ziehen. Mit zwei Mann … Die kaspern da gefühlte drei Stunden dran herum, bis der Mann schließlich den Heldentod stirbt, dabei aber endlich die Tonne rauszieht. Wuhu! Tonne! Sehr schwer. Und dabei blockieren sie natürlich den Gang mit dem Mash. Was ich auch noch haben möchte …

Ich gehe wieder zurück. Vielleicht krieg ich ja jetzt neue Stiefeletten. Nein, Kind sitzt da immer noch debil grinsend mit Schüssel auf dem Kopf und der Vater rennt der Verkäuferin hinterher: „Braucht das Kind etwa auch Handschuhe?!“ Voller Empörung. Die Verkäuferin erklärt geduldig.
Die kleine Schwester ist aber voll genervt. „Warum müssen wir denn SCHON WIEDER Reithosen kaufen?“
Muttern erklärt: „Weil die gerade billig sind.“

Auftritt schreiender Teenager, die springt aus einem Stapel Schibbi-Schabbis hervor: „MAAAMAAA! Ich brauch noch KOPFNUMMERN! Kopfnummern!“ Das wiederholt sie so oft, dass ich mich frage, ob sie mit Gollum verwandt ist. Weiß man nicht.
Ich quetsche mich endlich an dem Schreihals vorbei in Richtung Grabbelhalfter, ich brauche noch eins für die Weide. Sie nicht, aber sie befummelt trotzdem alle. „Ach, ist das schade, dass die farblich meinem Pony nicht passen. Ne‘ Mama?“
„Ja, stimmt.“

Endlich sind Eltern mit Kind weg und ich sprinte in Richtung Stiefeletten – wo die natürlich nix im Angebot haben. Also wieder zurück zum Futter – nur um festzustellen, dass die Tonnenschubser zwar weg sind, aber der Laden mal wieder umgeräumt hat und das Mash gar nicht dort stand, sondern woanders. Kralle mir einen Sack und schleife meine Fundstücke zur Kasse.
Schreihals ist immer noch da. „MAAAAMAAA! Guck doch mal. Das ist das Jacket meiner Träume.“
Muss das ausgerechnet neben der Kasse hängen? Ich flüchte. Ich weiß, warum ich so oft Online kaufe …

Foto: Hat immerhin neues Mash, einen neuen Leckstein und ein Grabbelhafter für paar Euro bekommen.