Erinnert ihr euch noch an eure Longenstunden früher? Die gab es natürlich damals, als wir noch nicht eigenständig alles koordinieren konnten, was zum Reiten gehört. Dafür nimmt man Leute an die Longe. Erst mal ein zügelunabhängiger Sitz – und wer gut saß und seine Hilfen gut gab, durfte vielleicht zur Belohnung noch mal frei reiten. Aber nur Schritt und Trab. Für den Galopp kam man dann wieder an die Longe.
Jetzt, wo wir alle älter sind und zum frei reiten natürlich keine Longe mehr brauchen, tun wir es aber trotzdem. Und irgendwie hatten wir das gar nicht so schwer in Erinnerung. Denn die Longenstunde ist ziemlich ernüchternd, wenn wir ehrlich sind.

“So, dann traben wir mal an.”
Kein Riemchen, aber immerhin noch Bügel. Wir traben also. Sollte doch gehen. Nein!
“Das Bein gehört hinter den Gurt, nicht zehn Kilometer davor. Wir sind hier nicht beim Westernreiten.”
Okay, zurück.
“Möchtest du angaloppieren?”
“Nein.”
“Warum liegt es denn jetzt so weit hinten?”
Okay, okay … wir versuchen das mal anders. Jetzt liegt das Bein da, wo es liegen soll. Obwohl …
“Ist das ein Zirkel?”
Ja, doch … an der Longe schon.
“Und? Gibt man da wohl andere Hilfen als bei ganzer Bahn?”
Vielleicht … mal gucken. Nein. Doch!
“Und wieso jetzt Buckel?”
“Weil die Beine wehtun.”
“Aber nicht der Rücken. Sitz grade. Und sitz aus.”
Jetzt wird erst Mal eine Runde atemlos auf diesem Pferd, das man garantiert überhaupt nicht sitzen kann, da es nicht das eigene ist, herumgerumpelt. Nicht schön aber selten.
“Mach dich schwer im Sattel und groß. Das Bein muss locker.”
Ja, wie denn? Dieses Pferd ist ein Panzer, der über die Alpen rollt! Wer soll das sitzen? Ich vielleicht?
“Du sitzt immer noch nicht richtig ein. Parier mal durch und schlag die Bügel über.”
Nooooooooooooooooo!
“Und wieder antraben.”
Jetzt fühlen wir uns wie ein betrunkenes Kind auf dem Pferd bei C&A. Ein sehr sehr betrunkenes Kind mit Gleichgewichtsstörung.
“Locker in der Hüfte mitschwingen.”
Bin doch locker. Wie eine Bodenfliese. Sehr gut aufgeklebt. Während eines Erdbebens Stufe 7. Dass nicht irgendetwas durchbricht ist auch alles.
“Atmen nicht vergessen. Das muss viel lockerer sein.”
Woran sieht die Reitlehrerin das? Am hochroten Gesicht? Ne, bestimmt nicht.
“Streck mal die Arme zur Seite weg, du weißt ja gar nicht wohin damit. Und immer schön atmen.”
Reiter schwitzt und stirbt und fragt sich, warum er Longenstunden für eine tolle Idee gehalten hat. Und wieso er jetzt die arme wegstrecken muss, das tun doch nur die Voltikinder.
“Nicht in der Hüfte zu sehr einknicken.”
Okay, okay …
“Wo liegt der innere Schenkel?”
Weiß nicht. Reiter erreicht langsam seine Todeszone. Und denkt nur noch Anti: Wo der innere Schenkel ist? Bei deiner Muddah!
“Nicht klopfen und nicht klemmen. Locker mitschwingen.”
Ich geb dir gleich mal locker. Du stehst ja nur in der Mitte. Ermüdung macht sich breit und um ein Haar fällt der Reiter fast einfach aus dem Sattel.
“Und jetzt angaloppieren.”
Na, Gottseidank. Das kann ja nicht so verkehrt sein.
“Ne, Stopp! Außengalopp. Das kommt, wenn du in der Hüfte so abknickst.”
ICH KNICK DICH GLEICH MAL!
“Noch einmal. Besser.”
Das war ein Lob oder? Besser heißt gut und gut ist ne zwei.
“Jetzt ist er dir ausgefallen, weil du nicht mehr getrieben hast.”
Aber es war doch “besser”!
“Noch mal angaloppieren, der darf dir nicht ausfallen.”
“Ja, so ist schön.”
Pferd und Reiter parieren SOFORT durch zum Stand. Schön heißt fertig. Ist doch klar.

War das eigentlich immer schon so schwer mit der Longenstunde?

Foto: Nicht für Longenstunden zu gebrauchen. Zu wenig Trab um als Folter durchzugehen.