Dieser Tage kursierte in den sozialen Medien einiges an Videos, das Pferde in ziemlich natürlichem Verhalten zeigte. Zum Beispiel die Norikerhengste, die vorab ihre Rangordnung ausfechten und anschließend auf die Alm gehen, wo sie, unberührt vom Menschen, dann auch bleiben. Oder die Dülmener in ihrem Habitat beim Abtrieb. Man sollte ja wohl meinen: So ein Video KANN keinen Streit auslösen. Das KANN doch gar nicht sein. Rennsportvideo? Irgendeine Wendy heult. Freie Hengste, die sich bekabbeln: ZEHN Wendys heulen. Echt … in Relation waren das mehr, als unter einem stinknormalen Finish bei nem Grupperennen. Das ist ja nicht zu fassen.
Wie kann man es den Reitern noch recht machen? Natürlichkeit und Natur? NEIN! Bloß nicht die Pferde Pferd sein lassen. Die armen Hengste, die tun sich doch weh. “Bis mal einer umkommt”. Was viele vergessen: Hengste sind keine sozialen Krüppel, wenn man die nicht dazu macht. Hengste untereinander sind tolle Gefährten, die eine ganz eigene Dynamik entwickeln – nicht zu vergleichen mit einer normalen Herde. Und Kleber sind sie auch – die haben ihren Buddy und niemand hat den wegzunehmen. Eine wahre Bromance. Hengste sind auch erschreckend unkompliziert (ich habe jedenfalls im Rennstall immer lieber mit Hengsten zusammengearbeitet als mit Stuten). Vor allem Junghengste. Gibt ja quasi nichts Lustigeres als Junghengste. Gut, die werden manchmal pubertär, dann möchte man ihnen am liebsten doch die Eier wegnehmen – aber hey! Stuten werden auch pubertär.
Nein, nein – Stopp. SO möchten das Reiter aber bitte nicht. Plärren bei allem, dass es natürlich sein soll, aber nicht Hengst mit Hengst. Schon gar nicht, wenn die sich frei kloppen dürfen. Soll ich euch mal was sagen? Wo ist das Problem? Wenn wirklich etwas passiert – dann ist das so und damit muss ja dann der Besitzer leben. Aber meistens passiert, bei dieser Art von Hengsthaltung gar nichts. Da kugelt keiner die Alm runter und es spielt auch nicht ein Hengst nachts den Massenmörder und meuchelt alles, was nicht bei drei aufm Baum ist. Hengste sind keine Verbrecher. Sondern Pferde. Für die dieselben Regeln gelten, wie für andere Pferde auch – am Glücklichsten sind sie in Gesellschaft. Niemand will ja schließlich, dass sie sich verletzen. Dementsprechend sind die daran gewöhnt.
Weiß auch nicht so genau, was man da jetzt noch machen soll. Vielleicht passt es nicht ins heile Weltbild (da wo man alles streichelt und schmust und nie streng ist), wenn Pferde zeigen, dass sie selbst ihre Probleme auch nicht im Stuhlkreis lösen? Liegt es einfach daran, dass es nicht ins Bild passt? Oder, dass Leute erst glücklich sind, wenn das Tier Pferd in einem vollkommen kontrollierten Rahmen stattfindet, den der Mensch gibt und bestimmt. Bloß keine Aufregung, das Grashälmchen Pferd darf sich nirgends wehtun und man geht natürlich sofort dazwischen. Dass es noch keine Horse Sitter gibt, wundert mich (und WEHE jemand findet heraus, dass es welche gibt, dann buche ich ein Ticket zum Mars).
Ich weiß jetzt also echt nicht mehr, wie man Reiter noch glücklich machen soll. Pferde auf der Rennbahn? Schlimm. Pferde auf einer normalen Weide? Nicht artgerecht. Pferde in der Box? Tierquälerei. Pferde überm Sprung? Schlimm. Pferde in der Dressur? Unnatürlich. Pferde, die mit Kollegen interagieren – ungestört vom Mensch? WENN DAAAAA WAS PASSIERT! Total schlimm. Ja … öh … was macht man denn jetzt noch? Ah, Wallakleidchenbilder mit Halsring. Die sind NIE schlimm.
Foto: Unnatürlich! Wird geritten!
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Gepostet von Arschlochpferd – Allein unter Reitern am Dienstag, 18. Juni 2019