Generell ekeln sie sich schon – das ist ja wohl logisch. Meist aber vor viel harmloseren Dingen, als denen, die sie sich täglich im Internet ansehen, oder im Stall erleben. Ich zum Beispiel bin ja so eine Mimi – ich kann kotzende Leute nicht ertragen. Uargh! Da ekelt es mich vor und ich könnte direkt mitmachen. Dafür habe ich aber keinerlei Probleme, einen Finger in einer Wunde zu versenken (um zu gucken, wie tief die ist), eiternde Wunden auszuwaschen, oder tumoröses Gewebe selbst wegzuschaben. Muss halt sein. Wahrscheinlich sind das die Pferdeglückshormone in unserem Kopf, die sagen: Du wolltest ein Pferd – jetzt biste glücklich. Auch wenn du gerade in Blut und Eiter badest.
Wir haben halt einfach kein Problem damit. Wir gucken interessiert beim Zahnarzt zu, wenn Zähne gezogen werden, wir analysieren anschließend die Zahnfragmente, befühlen jede Wunde, tatschen im wilden Fleisch herum, wir nutzen Hufmesser, um Abszesse aufzuschneiden (sofern wir drankommen) und das Maximum, was uns über die Lippen kommt ist: “Ih, das stinkt.” Ansonsten wird das Pferd aber von Frauchen und Herrchen problemlos verarztet. Auch wenn Herrchen oder Frauchen beim Blutabnehmen (bei sich selber) durchaus auch mal ohnmächtig werden können, oder bei einer Spritze plärren, wie ein Zehnjähriger.
Eigentlich ist das ja auch gar nicht so schlecht. So ein Pferd härtet massiv ab. Während wir also unser Pferd verarzten können, profitieren alle Tiere bei uns zu Hause davon. Da braucht man nicht jedes mal zum Tierarzt, wenn man die Eiterbeulen beim Kaninchen behandeln muss, nein, das geht einfach so, wenn man vom Tierarzt die richtigen Sachen bekommt. Einfach ein bisschen spülen und gut. Und dem Reiter ist danach nicht schlecht, nein der haut sich danach eine Pizza rein. Schließlich macht Wundversorgung hungrig.
Was aber wohl Tatsache ist: Es ist nicht zwingend auf einen Menschen übertragbar. Nur, weil das beim Pferd geht, können wir nicht zwingend fiese Sachen beim Menschen verarzten.
Auch sehr beliebt: “Schlimme” Bilder bei Facebook. Jetzt nicht von verendeten Pferden, die jemand misshandelt hat – da differenzieren Reiter sehr wohl. Aber sie gucken sich gerne Operationen an. Oder Bilder vom Innenleben des Hufes. Gerne noch blutverschmiert. Ist doch auch total spannend, da kann man was lernen. Wer weiß, ob man das nicht mal braucht? Pferde tun sich ja ständig weh. Warum also nicht?
Mensch, was ich alles schon für Kuriose Sachen gesehen habe, die ich so noch nicht live gesehen habe. Ausschuhen, eingewachsene Halfter, Schulterfraktur, Angebunden + Knotenhalfter = bähbäh, Total spannend. Ich meine, klar, manche Dinge davon waren dann tödlich. Aber gucken tu ich trotzdem. Weil ich sehen möchte, wie da die Anatomie funktioniert, ob man das noch hinbekommt, oder was auch immer. Sensationsheischende Videos von Pferden, die sich die Beine brechen, gucke ich nicht. Primär, weil ich das schon mal live gesehen habe und außerdem “lerne” ich da auch nichts. Ich gucke die Sachen an, wenn sie gut dokumentiert sind – vorher – nachher. Dann finde ich das sehr spannend.
Irgendwer plärrt aber immer, wenn man so Fotos in Gruppen zeigt. Weil eklig. Und: “Ich esse gerade!” … ja und? Ich auch! Im Zweifelsfall esse ich immer. Aber dann klick ich doch nicht ein Video an, das da heißt: “Kolikoperation live!”. Also, wenn ich das nicht sehen möchte.
Obwohl ab und zu der dicke Mann auf meinen Bildschirm guckt und ruft: “Ihhhh, was ist das denn?”
“Na, ein halber Huf, der ist gespalten.”
“Ihhhhh!”
Na, ja … Da sind wir Reiter wohl etwas Eigen. Aber wehe, eine Spinne sitzt auf unserer Haustür, wir müssen zum Zahnarzt, oder haben uns ein Stück Haut am Nagelbett eingerissen. Da können wir dann alle immer noch genug herumplärren.
Foto: Neue Wohnung.
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