Alle Reiter lieben es, anderen reinzureden. Mit Vorliebe dann, wenn wirklich nicht danach gefragt wurde. Aus einem „Kannst du mal kurz meinen Sattel halten?“ wird dann – „Der passt doch gar nicht, ich kann dir aber die Telefonnummer von meinem Sattler und meiner TK geben, die helfen dir auf jeden Fall!“ … und man steht da mit einem Sattel, der noch gar nicht auf dem Pferd liegt, einer Telefonnummer von einer dubiosen Astroelse und die Telefonnummer vom Sattler der fremden Frau steht auch noch mit Lippenstift auf dem Arm.
Ähhh …

So ist das eigentlich immer und ich verstehe fast alle Reiter, die Leute selbst bei Kleinigkeiten nicht mehr um Hilfe bitten. Es ist mir schleierhaft, weswegen man permanent anderen wertvolle Tipps geben muss, wenn danach weder gefragt wurde, noch das Ganze irgendwie tippbedürftig wirkt. Aus der einfachen Frage, ob man kurz mit helfen kann, Pferde reinzuholen, werden umfassende Handpferdtipps und Bodenarbeitserklärungen, damit man das künftig allein machen kann (bei drei Pferden!), aus der Frage, ob man sich kurz eine Gerte leihen kann, wird ein Vortrag, wie schlimm Gerten sind und wie wenig das eigene Pferd einem vertraut, und wenn man nach gar so etwas profanem wie der Stiefelmarke fragt (weil man die vielleicht schick findet), wird automatisch eine Diskussion darüber, dass man ja erst Mal mehr Reitstunden nehmen soll, und nicht mit den teuren Stiefeln anfangen muss.

Reiter sind Klugscheißer und sie tun das ständig ungefragt. Warum? Auch bei wirklich unschönen Themen können die ja nicht den Schnabel halten. Wenn jemand klagt, dass sein Pferd eingeschläfert wird, wird eine umfassende Diagnostik verlangt (nicht, dass sie das was angeht), könnte ja sein, dass wieder alle Tierärzte nur dumm sind! Wenn jemand jammert, weil die Wunde seines Pferdes nicht heilt (aber gar nicht nach Tipps fragt, sondern einfach nur seinen Unmut ausdrücken will), wird direkt rumgebrüllt und mit dubiosen Tipps der Heilungsprozess angekurbelt (ernsthaft … ich habe mir das nicht ausgedacht, da wollte jemand SENF auf die Wunde schmieren!)

Generell kennt ja auch immer jeder das Pferd besser als man selbst. Ein Foto sagt alles Nötige (die AUGEN! Die AUGEN! https://www.arschlochpferd.de/guck-doch-mal-die-augen/) und wenn ich tatsächlich mal eine Frage an eine Pferdegruppe habe, überlege ich mir 1. genau in welche Gruppe ich das poste und 2. auch, wie ich das genau formuliere.
Habe zum Beispiel in zwei verschiedenen Gruppen gefragt, was ich Schönes mit dem Pferd an der Longe machen kann, damit der den Wanzt nicht immer so hängen lässt (macht er gerne bei der Bodenarbeit). Knackpunkt – ich selbst darf nicht viel dabei laufen, denn mein Knie ist derzeit hinüber. Der tiefe Sand ist ganz schlecht dafür.
Eine Gruppe gibt tatsächlich wertvollere Tipps. Bei der anderen bin ich eine faule Sau, das Pferd ist tot und die Augen auch. Danke … Danach hatte ich gefragt. Außerdem ist es ja kein Wunder, dass der so geht, man entdeckt nämlich, dass ich einen bunten Helm trage – ich muss also Jockey sein. Und wir wissen ja, die sind böse. Spare mir die Jockeyerklärung (bin ich nicht, nie gewesen!) und hake das ab. Ich frag nur noch ausgewählte Leute.

Auch im Stall bleibt das nicht aus. Der Todesstern buckelt beim Antraben. Ich haue mir das Knie an der Bande, jammere ein bisschen und gehe eine Runde Schritt, bis der Schmerz nachlässt. Habe aber direkt eine Traube Reiterinnen, die mir erklären, dass ich keine Angst zeigen soll, außerdem Führtraining mit Hütchen und eine umfassende TK Diagnose machen soll.
Könnt ihr wohl mal weggehen? Kümmert euch doch echt um euren eigenen Scheiß! Sagt was, wenn wirklich nach Meinungen gefragt ist. Oder ihr was wirklich Tierschutzrelevantes seht. Oder was grob Fahrlässiges (ja, Halsring mit Wallakleid auf Bundesstraße gehört dazu!).

Ansonsten wäre es aber echt geil, wenn ich nicht eine Vereidigung dafür brauche, wenn ich mir einen Steigbügel borge, weil ich meine kaputtgemacht habe.

Foto: Stillleben mit Zaun.