wir erleben es jeden Tag irgendwo. Irgendwer kommt mit der Hiobsbotschaft in ein Pferdeforum – mein Pferd ist jetzt in Ruhestand. Weil es dies und jenes hat und überhaupt. Die Gründe sind vielschichtig und … abstrus. Eine Hitliste der schönsten Gründe, die ich je gehört und gelesen habe:

1. „Ich habe mein Pferd in den Ruhestand verabschiedet, ich finde keinen Sattel für sie.“
Die Wahrheit: Ich finde keinen Sattel unter 100 Euro, mehr kann ich mir nämlich nicht leisten. Aber ich mache alles für mein Pferd! Alles was umsonst ist.

2. „Mein Pferd hat Atemprobleme, da will ich ihm keine harte Arbeit zumuten.“
Die Wahrheit: Ich habe zwar keinen Tierarzt je geholt, aber der Fenchelhonig überm Futter hat gar nichts gebracht.

3. „Mein Pferd hat leider zu viele Wehwehchen, es ist ständig lahm, daher geht es jetzt in den Ruhestand.“
Die Wahrheit: Ich habe einen nicht reitbaren Beisteller übernommen und wundere mich jetzt, dass er wirklich nicht reitbar ist.

4. „Mein Pferd hat Hufrehe, daher stelle ich es jetzt nur noch auf die Wiese.“
Die Wahrheit: Ich stelle es vor allem auf eine richtig fette Wiese, damit ich noch ein bisschen jammern kann, wenn es ständig Reheschübe hat.

5. „Mein Pferd ist jetzt alt genug für den Ruhestand.“
Die Wahrheit: Es hat sowieso keine Muskeln mehr und die Reiterin ist viel zu schwer. Das war sie allerdings auch schon vor 10 Jahren.

Wirklich, ich höre da immer Negatives heraus. Kann mir nicht helfen, ich hab zu viel Unsinn gehört und gesehen. Und dann kommen die Blitzheilungen im Ruhestand – da bin ich noch kritischer. Da lag es dann doch nur an einer Kleinigkeit und das Pferd ist wieder voll belastbar. Logisch, logisch …
Da wird dann auch Opas 26jähriger Ackergaul wieder hervorgekramt, vollgefüttert und behauptet, der setze wieder Muskeln an, den könne man noch mal über den Springplatz jagen.

So richtig echten Ruhestand erleben auch nicht alle Pferde bei ihren Besitzern, die verschachern ja auch gerne als Beisteller und weinen dann, wenn der gar nicht richtig im Ruhestand ist – wenn das so schlimm wäre, dann hätte man den Beisteller doch bei sich behalten können? Keine kluge Idee …
Haben aber schon ein neues Pferd, können das alte also nicht wieder zu sich nehmen. Aber heulen können sie – in diversen Pferdegruppen, das ist voll ihrs.

Was soll man da noch zu sagen? Ist es so schwer sein altes Tier zu behalten? Es ändert sich ja nun nicht geldtechnisch alles, wenn das Pferd im Ruhestand ist – war ja nun keine Einnahmequelle. Und muss ich das immer mit fadenscheinigen Ausreden machen? Wo ist das Problem zu sagen: Das Pferd hat einen irreparablen Schaden – Sehnenschaden, KS, Arthrose, usw. Warum kann man da nicht ehrlich sein? Aus Angst, dass andere behaupten, man hätte es kaputt geritten? Ernsthaft? Ist das wieder so eine Nummer, wo man Panik vor fremden Leuten aus dem Internet hat? Wie wäre es dann mit: Gar nichts posten? Nein, das geht auch nicht. Man muss schon ein bisschen bedauert werden, sonst macht das keinen Spaß.
Und wenn man es wirklich nicht kann – dann sollte man auch die Eier haben, sich das selbst einzugestehen – und es vielleicht nicht auf Facebook posten …

Hach, ist diese Rentnersache kompliziert.

Foto: Ist kein Rentner. Irgendwann aber bestimmt. Dann heule ich auch ein bisschen hier rum – versprochen.