Eine Gemeinschaftssattelkammer kann cool sein. Hier trifft man sich, hält einen kurzen Schwatz, kann auch mal Leute fragen, ob man sich etwas leihen darf, und gemeinsam darin Ordnung schafft. Klingt doch in der Theorie echt nett. Und in manchen Gemeinschaftssattelkammern sieht es so aus. In anderen wohnt das Elend, der Gilb und Gollum in einer Person. Oder in vielen Personen.

Das fängt meist nach dem Wochenende an. Man möchte ja eigentlich nur flott putzen und dann auch schon satteln, denn man ist spät dran. Stolpert aber schon beim öffnen der Sattelkammer über die Habseligkeiten eines obdachlosen Pfandsammlers. Oder aber der Besitzerin von Pferd A, die mal wieder ihren Müll im Stall lagert, weil sie davon ja noch etwas gebrauchen könnte. Ich weiß nicht, wieso man alte Zeitungen, abgelaufene Milch und Flaschenpfand da braucht, aber ja, sie lagert das gerne mal.
Krachend und scheppernd, sodass sich auch ja alle anliegenden Pferde des Putzplatzes aufregen, schiebt man den Müll beiseite, wird aber fast von einem Regen aus Gerten erschlagen, die auf ein paar Spinds liegen. Die fallen bei jedem Windhauch runter, weil der Raum leicht abschüssig ist.

Und vor dem eigenen Sattel hat jemand Kartons mit Möhren drapiert. Die sind ja für die Pferde, das muss doch da hin! Nicht, dass man die beim Stallpersonal abgeben kann, um die füttern zu lassen, oder an seiner eigenen Boxe lagern kann – nein, draußen ist es kalt und da frieren die armen Möhren.
Hinter mir scheppert eine Einstellerin rein. Die hat Tupperware zu Hauf dabei. Sie möchte Mash machen. Will die das dann eintuppern? Mash macht sie auch nicht in der Futterkammer, sondern auf dem Boden der Sattelkammer, wo sie erst mal eine fiese Stolperfalle bastelt, weil sie ja einen Wasserkocher braucht.
Ich schleppe unter Höchstanstrengungen Kisten voller Möhren weg und komme dann endlich an meinen Sattel. In einer Ecke entdecke ich auch meine Gamaschen. Die habe ich sicher nicht dahingelegt.
Fragte die Mashkocherin.
„Ach, hihi, ja, das war ich. Die sind mir runtergefallen. Wusste nicht, wohin ich sie legen soll!“
IN DIE ECKE? Ist das in irgendeiner Kultur der Welt normal?

Ich gehe mit dem Sattel raus, nehme Trense und Gamaschen gleich mit, um die Kammer des Schreckens nicht öfter als nötig zu betreten und reite. Blöderweise muss ich ja auch wieder rein, als ich fertig bin. Beladen wie ein Packesel schleppe ich also alles in einem wieder rein, nur um noch mal über die Tüten mit dem Altpapier und dem Flaschenpfand zu fallen. Wer hat die denn schon wieder dahingestellt? Innerhalb von 1 1/2 Stunden?
Überall liegt Mash. Vor allem auf einer roten Abschwitzdecke, die ich als die meiner Freundin identifiziere – die heute aber nicht da ist.
„Ich hab das ja schon aufgewischt“, entschuldigt sich die Mashkocherin mit ihrer Tupperware.
„Ja, seh ich. Mit einer Abschwitzdecke.“
„Die liegt hier schon ewig, die braucht doch keiner. Weiß ja niemand wem die gehört.“
„Also ich weiß das.“
„Ist das deine?“
„Nein.“

Kopfschüttelnd SMS an meine Freundin. „Falls du dich fragst, warum deine Abschwitzdecke so aussieht, frag S.“
Will nun endlich meinen Sattel loswerden. Aber da hängt jetzt einfach ein anderer Sattel. Ich parke meinen auf einem Stuhl zwischen und will wenigstens die Trense weghängen, aber nö! Alle anderen Trensen liegen auf dem Boden. Da darf ich jetzt puzzlen, wem welche gehört. Gottlob kennt man sich ja … leider!
„Wieso liegt denn hier der ganze Scheiß auf dem Boden?“, frage ich die Frau mit dem Mash.
„Ach, das war B. Der ist was runtergefallen.“
„Und das kann man nicht aufheben?“
„Ne, die hatte es eilig.“
„Und wem gehört der Sattel auf meinem Sattelbock?“
„Öh … weiß nicht.“

Ach, da kommt ja die Übeltäterin zur Tür rein. „Ach, ist das nicht mein Sattelbock?“
„NEIN! War er noch nie.“
„Sei doch nicht so zickig.“
„Guck ma, was steht denn da? Todesstern! Heißt dein Pferd so?“
„Hab ich nicht gelesen.“
Überlege, ob ich einfach die Sachen nehme und in den Raum pfeffere. Mache es aber nicht. Aber nur deswegen, weil sie nicht mir gehören …

Foto: Gut, dass größtenteils alle Sachen in der Sattelkammer sowieso mir gehören. Da brauch ich nur mit mir selber schimpfen.