Das sagt sich ja immer so einfach. Heutzutage wird ja immer gesagt, dass man ein Pferd haben möchte, das mitdenkt. Das ist prinzipiell zwar sinnig, aber so ein Pferd denkt einfach nicht dasselbe wie wir. Also kann es auch nicht zwingend mitdenken, weil es ja gar nicht gedanklich auf unserer Wellenlänge lebt. Das ist schlichtweg nicht möglich. Warum also will man das? Oder lässt sich gar Entscheidungen vom Pferd abnehmen? Weils mehr wiegt? Am Gedankengang kann’s jedenfalls nicht liegen. Eigentlich macht dieses “Mitdenken” eh nur beim Cutting und beim Springen viel Sinn. Ansonsten? Ne … Das möchte ich heute mal illustrieren.

Manchmal denke ich mir ja: Lass das Pferd entscheiden. Komm, mach das mal wie die Leute, die angeblich vorher ihr Pferd fragen und dann das machen, worauf das Pferd Lust hat. Ich probiere das also im Selbstversuch. Gehe auf die Weide. Stehe ja nur doof herum, weil das Pferd futtert und auch sonst nur mal geguckt hat. Würde ich also jetzt nicht eingreifen hätte mein Pferd jeden Tag entschieden: Nö. Hier ist doch Gras. Was soll ich jetzt mit der? Eventuell und zwar nur ganz eventuell … würde er herkommen. Heute jedenfalls nicht. Ich muss also hier schon das Experiment verfälschen und das Pferd zum mitkommen nötigen. Da das ansonsten natürlich ein wahnsinnig kurzer und langweiliger Eintrag werden würde.

Also ignoriere ich dann doch seine Wünsche, bis ich endlich im Sattel sitze. Aber ich sitze. Stehe im Hof. Hm … tja … da guckt er dann. Mal ein Stück nach links. Ne … ach, ist auch langweilig da. Ein bisschen nach rechts. Mal gucken, was die Baustelle so macht. Er geht also gucken. Da muss ich dann das nächste mal eingreifen, als er versucht ins Kellerloch zu klettern. Warum soll ich noch gleich meinem Pferd das Denken überlassen? Weil es glaubt, Halsbruch wäre super? Ich weiß nicht, ob das ein Kriterium ist, wenn man dafür argumentieren will, dass so ein Pferd doch bitte sehr emanzipiert ist und seinen Scheiß alleine entscheiden kann.

Wir gehen also vom Kellerloch weg Richtung Platz. Sogar bis zum Tor, da bleiben wir auch nicht stehen, wir gehen drauf und bleiben dann stehen. Ich sitze still – mal gucken was er tut. Nix. So viel kann ich euch verraten. Aber nichtstun verunsichert natürlich auch. Mal den Kopf runter machen. Sind da hinten nicht noch drei Grashalme die aus dem Sand wachsen? Die werden trotzdem gemümmelt und sich anschließend auf die Suche nach mehr gemacht. Vor dem Tor greife ich dann wieder ein, weil er sonst einfach mit mir zum Fressen auf die Wiese dackelt.

Hach, das ist aber auch schwer als Pferd, wie soll man sich da nur entscheiden? Und die Frau da oben macht auch gar nichts. Na … hm … machen wir einfach auch mal nichts. Ich stehe also auf dem Hufschlag. Und stehe und stehe und merke, wie er einen Huf anwinkelt. Scheint in den Schlafmodus überzuwechseln. Blinzelt ein bisschen in die Sonne – guckt mal nach hinten (immer noch da? Hm … aber die will nix. Versteh ich nicht).

Aber olé! Die Nachbarn sorgen für Stimmung, die schmeißen ihre Pferde raus. Da wacht es auf. Seine Entscheidung: Glotzen und ein bisschen trötend auf dem unteren Zirkel des Platzes hin und herwackeln. Ich möchte übrigens mal erwähnen, dass Pferde sich dazu nicht warm machen. Ich lasse ihn. Soll er halt gucken und rumplustern. Wird ihm nach ungefähr drei Runden auch zu doof, da galoppiert er mal an. Immer noch nicht warm. Wer sagte noch gleich, dass Pferde clevere Entscheidungen treffen? Also ich nicht. Weil ich aber nicht auf ihn reagiere und einfach nur sitze, fällt er gleich wieder aus, trabt als hätte er sehr dicke Eier und bleibt irgendwann ruckartig vor dem Zaun stehen. Ne, also irgendwie ist das nicht genehm. Er grunzt doof und trabt vorsichtshalber noch mal an. Und kommt dann auf die Idee die winzige Bepflanzung unseres Platzes einem Härtetest zu unterziehen. Er rennt drauf (wohlgemerkt auf Minibüsche und eine stabile Wand) zu und stoppt. Nicht ohne mit dem Kopf gegen die Wand zu dötschen. Aua! Vor lauter Empörung rupft er einen Minibusch aus.

Moment … MOMENT! Ich steige ab, reiße ihm den kleinen Busch aus dem Maul und pflanze den mehr schlecht als recht wieder ein. Der ist jetzt etwas schief. Als mein Stallbesitzer fragt, was ich da mache, sage ich: Reiten. Ist gelogen, definitiv. Also diese Pferdeempanzipation … ne. Da bin ich wohl zu altmodisch für. Oder mein Pferd einfach zu blöd ein paar gute Entscheidungen zu treffen.

Foto: Fett und dreckig.