Pferde sind öfters mal krank. Natürlich nicht zwingend todkrank. Aber Reiter haben eine sehr merkwürdige Art damit umzugehen, wenn ihr Pferd krank ist. Muss nicht mal was Schlimmes sein – aber eben so, dass sie lahm sind und nicht raus können. Das ist mal so unsere Ausgangssituation, mit der wir arbeiten wollen, um ein paar verschiedene Reitertypen kennenzulernen. Denn die tummeln sich alle im Stall, da könnt ihr Gift drauf nehmen. Und glaubt mir … manche möchte man hauen.
1. Die Zyniker
Meist haben Zyniker Montagspferde. So hört man die Zyniker mit hoher Piepsestimme neben dem Pferd stehen, wenn sie das nächste Wehwehchen entdeckt haben und einmal laut kundtun: „Ohhhhhh das arme Hasiduzipferdli hat Auaaaaa …. ohhhhhh …. himmelherrgottwarumdennschonwiederdusausack?“ Sie versuchen es ja wirklich mit Humor zu nehmen. Auch mit bitterschwarzem Humor. Aber eigentlich würden sie sich gerne mit ihrem Mimosenpferd in die Ecke setzen und ne Runde heulen. Schon wieder verletzt. An wie viel Tagen in diesem Jahr bin ich eigentlich überhaupt mal geritten?
2. Die Dramaqueen
Sie erzählt jedem der es hören, aber auch jedem der es nicht hören will, was ihr Pferd hat. Es muss kompliziert sein, selbst wenn es nur ein Hufgeschwür ist. Das wird dann dramatisiert. Gerne garniert mit dem Satz: „Ich weiß nicht, ob ich Berta jeeeeemals wieder reiten kann.“ Gerne sitzt die Dramaqueen theatralisch vor der Box und fällt, wenn man an ihr vorbeigeht, mit Sprüchen wie: „Ich darf ja derzeit nicht reiten, die Berta ist soooooo krank.“ oder „Ich habe ja leider Boxenruhe verordnet bekommen, weil es Berta sehr schlecht geht. Drück mir die Daumen, dass es noch mal wird.“ Selbst, wenn Berta nur einen Schnupfen hat.
3. Die Nüchternen
Die kommen, verarzten und haben überhaupt keinen Nerv für Wallach – respektive Männergrippe. Das Pferd hat ein Eisen ab und jammert und jault, weil es jetzt hochdramatisch durch die Boxengasse aus Beton humpeln muss? „Stell dich nicht so an, ich hab gesehen, dass du gestern noch auf der Weide galoppiert bist.“ Genöle mögen die gar nicht. Und auch ganz wenig Geduld bei Patienten, die nur Schritt gehen dürfen, aber dann den Hampelmann machen. Da hört man dann gerne den Aufschrei: „Das kann gar nicht so wehtun, wenn du jetzt hier ausrastest!“ meist irgendwo vom Parkplatz her, wo sie Skijöring ohne Ski mit Pferd betreiben.
4. Die Tierarztrufer
Jeder Stall hat sie, jeder Tierarzt hasst sie … aber das sagt er nicht, weil er ihnen immer so viel Geld abknöpfen kann. Eine Hassliebe quasi. Die Tierarztrufer sind anstrengend. Warum? Nicht, weil sie einmal den Tierarzt rufen – das ist ja völlig legitim. Aber sie rufen ihn anschließend permanent. Pferd ist hingefallen, hat eine Prellung, tritt nicht gut auf. Lieber mal ein bisschen Equi geben und ruhig stehen lassen, damit sich das nicht verschlimmert. So. Sollte also dem Pferd jetzt nicht in zwei Stunden ein Bein abfallen, wird das wohl eine ganz normale Sache sein, die man in einer Woche ausgestanden hat. Nicht bei den Tierarztrufern. Nach zwei Stunden klingelt das Telefon: „Hilfe, Herr Doktor … das Pferd hat jetzt gehustet. Liegt das am Medikament?“
„Nein … rufen Sie bitte an, falls das schlimmer wird.“
Klingeling …. „Herr Doktor! Jetzt hat der Husten aufgehört.“
„Hat es denn überhaupt noch mal gehustet?“
„NEIN!“
Später in der Nacht: „Herr Doktor, jetzt hat mein Pferd das Bein einmal komisch entlastet, bitte kommen Sie schnell.“
„Steht es denn wieder darauf?“
„Ja.“
5. Die „Guck-doch-mal!“
Kennt ihr die auch? Die kann ich ja leiden. Also ja, ich glaube Leuten, wenn sie mir sagen, ihr Pferd wäre lahm. Die „Guck-doch-mal!“-Leute denken aber wohl, dass andere ihnen das nicht glauben würden, denn sie zeigen es dann und traben mehrfach ihr Pferd an, damit auch wirklich jeder sieht, dass es lahm ist. Weil das immer noch nicht genügt, wird dann auch noch bei Facebook ein Video reingestellt und dann noch mal schnell gesagt: „Guck doch mal!“ Warum, weshalb, wieso – das erschließt sich niemandem. Hauptsache es wird gezeigt. Aus Gründen. Ich könnte die dann immer schütteln. Man muss das Pferd ja nicht in Watte packen, aber wenn der Tierarzt schon dran war, muss ich nicht noch zwanzig Mal zeigen, was dem Pferd wehtut, oder?
Foto: Dem tut nix weh. Aber dreckig isser …