Der Wallach ist das Überraschungsei für den Reiter, denn er hat ja von allem etwas. Er ist halb Hengst, denn er hat ja noch den Lümmel. Er ist aber auch ein bisschen Stute, weil ihm die Eier fehlen, ergo nimmt er sich das beste (und schlechteste) von Stute und Hengst mit und präsentiert uns das in einem interessanten Mix, der uns je nach Wallach interessante Dinge beschert.
Generell kann man in drei Wallachtypen unterscheiden:
– Der Travestiekünstler:
Er ist Stute in Männergestalt und er übertreibt die Stutenallüren maßlos. Andere Pferde angiften, ständig zu allem seinen Senf dazugeben, diskutieren um des Diskutierens Willen, dann noch ein bisschen buckeln und niemals vergessen, dass eine Dame (auch in Herrengestalt) die Ohren sehr weit zurücklegt.
– Der Idiot
Der Idiot hat mit seinen Eiern auch atomatisch das Hirn verloren, er fällt dadurch auf, dass er gar nichts, oder sehr dumme Sachen macht. Er ist der, der immer verletzt ist, der, der aber auch eine Lebensversicherung in allen Lebenslagen ist, denn er macht ja nie etwas. Auch nicht erschrecken. Das kommt viel zu verzögert bei ihm an.
– Der Macho
Der Macho hat Phantomeier und kann sich auch immer noch wie ein Hengst gebärden. Auch und besonders vor Stuten, und ansonsten muss man so einem Macho den halben Tag schmeicheln, damit er mitarbeitet. Immer hat er alles ganz feeeeein gemacht und wenn nicht, muss man das trotzdem sagen, damit er sich nicht schlecht fühlt. Denn er ist sehr schnell sehr depressiv.
Ja, mit einem Wallach erlebt man erstaunliche Dinge. Denn man wird, je nach Benehmen erst einmal gefragt, was man da hat. Da geht man zum Beispiel ganz harmlos mit einem Lot Hengste raus, sitzt aber auf dem Divenwallach, der jetzt gerade Platzangst bekommt und völlig zickig auskeilt, nach den anderen schnappt und sich quietschend gegen die drei Kilometer entfernten Hengste zur Wehr setzen will und wird prompt vom Fremdreiter gefragt, warum man denn jetzt mit der Stute unbedingt zwischen den Hengsten geht.
Außerdem neigen Wallache zum Babyface. Meiner zum Beispiel. Wenn er dickes Wuschelfell hat, fragen mich Spaziergänger gerne, ob ich mein Jungpferd an die weite Welt gewöhnen möchte, wenn ich ihn durch unseren Ort führe. Nein, mein Jungpferd tut nur so, als wenn er ganz klein wäre, aber in Wahrheit ist er ausgewachsen, alt und hat gerade nur seine stutigen fünf Minuten.
Es ist gar nicht so einfach mit einem Wallach zu arbeiten. Denn vor allem die wissen, dass wir irgendwie verantwortlich sind, dass sie keine Eier mehr haben und die Enteierung nehmen sie uns auch irgendwie übel. Ergo werden sie mitarbeiten, sie sind zu nett, das tatsächlich zu verweigern. Aber sie machen eben auch nicht mehr als sie müssen. Das letzte Etwas, das die Arbeit gut macht, das Sahnehäubchen, das gibt es beim Wallach nicht gratis. Das muss man rauskitzeln und das geht nur, wenn man weiß, was für ein Exemplar hat, oder aber, wenn man eine gemischte Tüte reitet, in welchem Modus er sich befindet. Dann muss man gucken, ob man gerade den geistigen Hengst, eine zickige Stute oder einen Hirntoten unter dem Sattel erwischt hat.
Fällt man vom Wallach herunter gibt es auch nur zwei Extreme: Wo es bei der Stute nur eins gibt. Hilfe, Hilfe, Frauchen liegt unten – dann wird geschaut. Oder der Wallach zieht einfach weiter seine Kreise in der Gangart, in der er auch seinen Reiter verloren hat, weil er es schlichtweg nicht mitbekommen hat. Ich sagte ja, manche verlieren mit ihren Eiern gleich das Gehirn.
Wer den Wallach dann aber doch noch lieben lernt, der hat auch Spaß mit ihm. Denn sie sind eigentlich mehr sehr große Hunde, die ihr Frauchen sehr sehr gerne haben. Und die sind da sehr bedingungslos. Und wahllos. Das ist Frauchen? Okay, dann hab ich die jetzt lieb. Das ist jetzt auch Frauchen? Na, gut, dann mag ich die auch (aber Achtung, gilt nicht für Travestiekünstler!). Außerdem kann man sie in der Regel deutlich besser mit Futter bestechen. Der Weg ins Herz führt zu 90% durch den Magen. So neigt der Wallach auch schneller zum dickwerden als die Stute. Irgendwas muss ja dick sein. Wenn es schon die Eier nicht mehr sind …
Foto: Alles. Wirklich alles.
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