Reiter wissen ja schnell einen Schuldigen, und sie sind es garantiert nicht. So gar nicht nimmernicht. Kann auch gar nicht sein, sie waren ja gar nicht da. Oder würden SO etwas NIE tun.
Das fängt beim Pferdekauf an. Und es ist ja auch an sich richtig: Was kann der neue Reiter für die alten Macken des Pferdes, die irgendwer anders reingeritten hat? Nix. Er kann aber sehr wohl etwas dafür, wenn er sich damit nicht intensiv auseinandersetzt und sich zurücklehnt und sagt: „Ach, der Arme, der wurde misshandelt.“ Während das Pferd freudig grinsend den Freibrief nimmt und den Tierarzt besteigt.
Reiter haben also immer eine Ausrede: „Ich war das nicht!“ Ja … aber jetzt ist es dein Pferd und dein Problem. Du kannst zwar auf ein gewisses Maß an Verständnis hoffen – das hört aber schlagartig auf, wenn es gefährlich wird. Spätestens dann nämlich kann es ihm sogar passieren, dass er aus dem Stall fliegt, wenn er meint, er müsse das Problem nicht händeln, denn er ist ja nicht Schuld daran.
Da haben wir dann den Mimimi-Post: „Buhu, mein Stallbesitzer hat mich vor die Tür gesetzt, nachdem mein Pferd zehn Kinder und nen Hund angefallen hat.“
Ja, ach … der hat halt Kinderreitstunden im Stall und möchte nicht, dass die Kiddies von einem wildgewordenen Pferd attackiert werden. Kann man doch überhaupt nicht verstehen.
Aber auch, wenn etwas im Stall schief läuft, dann ist man nie selbst Schuld. Da kommt doch glatt die böse Reitbeteiligung erst um neun Uhr in den Stall und mistet nicht mal: Obwohl man ihr gesagt hat: Wenn du mal nicht viel Zeit hast, dann streu nur drüber, ist nicht so schlimm. Und kommen kannst du jederzeit. Oder man beklagt sich bitterlich, dass die ja plötzlich einfach so auftaucht obwohl man ihr explizit gesagt hat: Du kannst auch gerne nur mal außer der Reihe zum schmusen und putzen kommen. Wie unverschämt! Tut die das einfach. Aber Schuld ist der Reiter daran nicht … nönö, das ist die böse Reitbeteiligung, die einfach nur wörtlich genommen hat, was der Reiter vorher verzapfte.
Es ist also NIE der Reiter schuld. Auch wenn was nicht klappt. Dann wird auf den Reitlehrer geschimpft: Meine Reitlehrerin hat mir falsche Sachen beigebracht, deswegen bin ich aufm Turnier ausgeschimpft worden – na logisch.
Auch sonst: Da wackeln sie zwar zum Reitlehrer, aber da sie das nur einmal die Woche tun und Reitlehrer auch keine Wunderheiler sind, kann sich auch trotz seiner Hilfe alles verschlechtern. Und wir bekommen komische Geschichten erzählt.
Auch beliebt: Der böse Bereiter, der bestimmt was Schlimmes gemacht hat. Dass man aber einfach nur nicht nachreiten kann, was der getan hat und sein Pferd höchst selbst verkorkst – das kommt dem Reiter nicht.
Auch beliebt: Der Schmied. Der hat dem die Beine kaputt gemacht. Oder vielleicht die schlechte Haltung beim Reiten, weil der Reiter sein Pferd gar nicht anständig gymnastizieren kann?
Dann ist auch wieder der blöde Tierarzt schuld, wenn sich das Pferd von seinen Blessuren nicht erholt. Der will nämlich nur Geld verdienen, mit seiner ollen Pharmalobby.
Echt, manchmal frage ich mich, wieso Reiter denken, dass sie zu einer Spezies gehören, deren Auswirkungen niemals sichtbar sind und die alles richtig machen, sowie sie außerdem ständig mit dem Finger auf andere zeigen können, um zu sagen: „Ey, der ist Schuld!“ Ich war’s aber nicht!
Foto: DU bist Schuld!
[wpedon id=“2098″]