… mit wallendem Haar galoppiert das Pferd auf mich zu, wiehert, schnaubt, trampelt, bevor er sich zu meinen Füßen hinlegt und mich anbetet aufgrund der Tatsache, dass wir so lange getrennt waren.
Am Arsch!
Mein Pferd gehört zur Kategorie Leberwurst und er ist das so richtig gerne. Ich bin eigentlich nie getrennt gewesen von meinem Pferd, gesundheitlich war das allerdings zuletzt der Fall. Ganze 14 Tage hat’s mich vom Pferd getrennt. Und das nimmt er sehr krumm.
Ich komme also in den Stall. Er sieht unser Auto. Er kennt das Geräusch. Er guckt. Und guckt schnell wieder weg. Bloß nicht die! Was will die denn JETZT hier? Ist auch Mittagszeit! Verzieh dich.
Ich humple auf ihn zu, mache die Boxentür auf, da hat er mir bereits den Hintern zugedreht und beäugt mich von ganz hinten. Er kann das so schön über die Schulter. Und dieser Blick sagt mehr als tausend Worte. „Was willst denn DU?“
Weil man aber potenziell einen Keks dabeihaben könnte, wird doch geguckt. Und geschnüffelt. Ist das immer noch dieselbe? Habe die Schnute die nächsten fünf Minuten an meinem Ohr kleben, egal wohin ich mich bewege, das Pferd kriecht mir hinterher. Aber bitte nicht streicheln! Sobald ich streicheln will, wird der Kopf gehoben. Lass das, du niederes Gesindel. Eigentlich bin ich auch noch beleidigt.
Ich parke das Pferd zwischen, mache die Box, komme wieder, um ihn zu bespaßen. Nö. Plötzlich ist jede Bürste die ich aus meiner Putztasche krame, wirklich schlimm und möchte eingehend beschnuft werden. Könnte ja beißen. Vielleicht habe ich auch in meiner Abstinenz pferdefressende Bürsten gekauft, wer weiß schon, was meiner Drama Queen durch den Kopf geht?
Auch die Füßchen möchten wir uns heute nicht auskratzen lassen, und weil ich ja noch schwach auf den Beinen bin, gewinnt er den Zank sogar, natürlich nicht, ohne den Strick auf festen Halt prüfen zu müssen, er rumpelt in der Waschbox herum, als wäre er ein fetter Wal, der mit dem Schwanz schlägt und von einer Sandbank wegwill. Ich bin sauer, Pferd ist sauer, mache ihn los und will auf den Reitplatz.
HAPS …
Ich drehe mich um. Ist das dein f…ing Ernst? Pferd hat tatsächlich mal an der Heukiste sich was weggenommen, Die Sache hatten wir vor 5 Jahren mal zu den Akten gelegt – es wird nicht alles angefressen, nur weil es da steht, schon gar nicht, wenn er an der Hand ist.
Ich beäuge ihn böse. Zug aufs Halfter. Pferd hält gegen. Komm doch, sagt er. Bin eh stärker. Der aufmüpfige Stinker wagt es gar, um mich herumzuturnen und Faxen zu machen.
Da ich eine Schibbi-Schabbi bekommen habe, will ich mal kurz checken, wie die liegt und geschnitten ist. Ich lege auf – Pferd ist pissig. Der Jammerlappen, dabei ist nicht mal der Sattel dabei, ich will nur gucken wie die am Widerrist liegt. Er hampelt und zappelt und führt noch ein kleines Tänzchen dazu auf, bis mir der Kragen platzt und ich ihn zusammenfalte. Er guckt sich unterdessen zu den Leuten am Bahnsteig um: Seht ihr? Hallo! Hier wird ein Pferd misshandelt! Da es regnet, guckt aber keiner.
Ich bringe die Schibbi-Schabbi weg, Pferd steht. Guckt aber schon wieder so komisch. Geht auch nicht in die Box mit mir. Nein, mit der geh ich nirgendwohin. Erst nach einer weiteren Diskussion und meiner drohend erobenen Hand ist er überhaupt in seine Box zurückzudirigieren. Aber natürlich so, als würde ich ihn den ganzen Tag schlagen, mit dramatischem Kopfwerfen und Augenrollen.
Achja … am nächsten Tag klebte er förmllich an mir und wollte ständig auf den Arm. Versteh einer das Pferd.
Foto: Ungefähr so guckt er dann …