Ab aufs Sofa, wir haben Diskussionsbedarf. Vor allem in den letzten Tagen musste ich mal wieder gruselige Dinge lesen, die mir die Schuhe ausgezogen haben, denn plötzlich sind Kaltblüter gerade wieder sehr hip. Warum? Keine Ahnung. Vielleicht ist das ein Trend, den ich verpennt hab, so wie die Mannequin Challenge …
Jedenfalls sind Kaltblüter doch so lieb und nett, nicht so nervös und spinnerig wie die Blüter, da muss plötzlich jeder Angstreiter automatisch einen haben. Und Gewichtsträger sind die auch! Super!
Dabei weiß die Hälfte der Leute nicht mal, was sie dann nachher mit dem Babyelefanten anfangen sollen, sobald er einmal im heimischen Stall steht.
Denn Kaltblüter sind eine ganze Menge NICHT. Darüber müssen wir mal sprechen.
Kaltblüter sind keine Gewichtsträger
Jedenfalls ganz sicher nicht automatisch, nur weil die groß und fett sind. Kaltblüter haben auch Muskeln und die möchten vorab trainiert werden, bevor sie 150 Kilo durch die Gegend juxen. Trotzdem kaufen sich gerade kräftige Menschen ein Kaltblut, weil die automatisch natürlich alles tragen können, obwohl da nichts passt. Denn auch so ein Brauereipferd kann ja einen unvorteilhaften Rücken haben. Allerdings sind das Sagen und Legenden, von denen keiner je gehört haben will.
Kaltblüter dürfen nicht sportlich sein
Was automatisch heißt, dass man sie verfetten lassen darf. Ist ein Kaltblut, keins von deinen doofen Sportmäusen. Generell darf man sich damit sowieso nicht auf einem Turnier sehen lassen, denn die können ja eh nicht galoppieren und brauchen wahrscheinlich auch viel zu viel Platz im Viereck. Deswegen geht das nicht.
Kaltblüter sind nicht automatisch für alle Angstreiter das Wunderheilmittel
Nur, weil das Vieh nicht so schnell weglaufen kann, heißt es nicht, dass es das nicht auch tun könnte. Und nervöse Kalte gibt es genauso, wie es scheintote Araber gibt. Sich ein Kaltblut zu kaufen, nur weil man Angst vor dem eigenen Schatten hat, geht spätestens dann schief, wenn das Kaltblut mal ausflippt. Denn bei knapp einer Tonne Lebendgewicht ist das einfach imposanter als beim Haflinger.
Kaltblüter sind nicht fett, die müssen so
Was ein Freibrief ist, das Pferd auf die fetteste Weide zu stellen, es mit allem vollzustopfen was geht und dann jedem erzählen, der anmerkt, dass das Pferd bald rollen kann, man habe ein Kaltblut und die sind halt SO. Was immer SO heißt. Fett wahrscheinlich.
Kaltblüter sind nicht, nur weil sie grundsätzlich eher gemächlich sind, ohne Erziehung zu halten
Das nervt mich ja am allermeisten. Unerzogene drölfhundert Kilo, am besten noch unsozial mit Artgenossen, weil man Kaltblüter ja liebend gern vom Schlachter freikauft, wo sich dann rausstellt, dass sie niemals sozialisiert waren. Die sind doch von Haus aus lieb, was muss ich die erziehen? Die laufen doch nicht weg, oder treten. Sind ja viel zu langsam dafür … klar. Und der nächste, der damit arbeiten muss, bedankt sich.
Alles, was kuschelig ist, ist nicht automatisch ein Kaltblut
Nur, weil da drei Haare auf der Brust … Pardon, an den Beinen, bamseln, ist das Pferd, was man da hat, kein Kaltblut. Da gibt es Definitionen. Rassen … Überhaupt! Mozart hat auch erstaunlich viel „Behang“ für ein Vollblut. Macht ihn trotzdem nicht zum Kaltblut. Und mich nicht zum Kaltblutreiter. Auch dann nicht, wenn ich es 2000 Mal behaupte.
Kaltblüter soll man ja gar nicht reiten
Nicht? Was soll man dann mit denen machen? Außer Kutsche fahren? Die sind jetzt auch nicht anders, als andere Pferde. Ist halt nur schon mal etwas teurer die einzukleiden. Schließlich ist es verdammt viel Pferd, das Sattel, Trense, Gamaschen usw. braucht. Wahrscheinlich soll man die nur deswegen nicht reiten, weil die keine passenden Eskiii-Schibbi-Schabbis haben.
Foto: Kein Kaltblut. Aber fusselig.