Definieren wir erst mal die Muttis, die ich meine, denn es sind so viele Muttis hier und da muss man ja doch unterscheiden.
Mutti ist die Dame, die sich, nachdem die Kinder aus dem Haus sind, noch mal ein Pferd kauft, das sie vorher abgeschafft hat, weil Kinder kamen, und dann noch mal vom CHIO träumt. Eigentlich so eine wie die Einhornreiterin. So eine ist Mutti. Nennen wir sie mal Einhornmutti.
Nicht zu verwechseln mit all den normalen Muttis da draußen, die auch Pferde haben. Einhornmutti ist was GANZ Besonderes!
Mutti ist in der Jugend mal geritten, war natürlich die Kaderschönste und beste, musste aber aufhören, weil die Kohle nicht stimmte, die Jungs interessanter wurden, oder der Reitlehrer gemein zu ihr war. So genau ist das nicht überliefert. Aber jetzt, wo die Kohle stimmt, da muss noch mal der schnelle Weg zum Ruhm her. Geld hat Mutti eigentlich, aber geizig ist sie dann doch, deswegen wird gerne ein Fohlen gekauft. Leider hat die Einhorn-Mutti nicht sooo die Wahnsinnsahnung, aber dafür gibt es ja Reitlehrer und Bereiter.
Nun hat Einhornmutti also ihr Fohlen, ist übereifrig und richtig gesprächig in Facebook. Weil sie ja schon ewig reitet. Die Jahre, die sie nichts mit Pferden am Hut hatte, werden verschwiegen, und sie dichtet sich erst mal eine dreißigjährige Reiterfahrung an. Wovon ungefähr 10 der Wahrheit entsprechen. Aus dem einen Ponyfohlen, das sie mal gestreichelt hat, werden zehn angerittene Junpferde – ja, Mutti kann das.
Die Einhornmutti hat auch einfach zu JEDEM Sachverhalt einen schlauen Rat. Sie weiß alles, sie kann alles und so wie sie aussieht, isst sie auch alles, inklusive ihres Fohlens, wenn das nicht bald wächst. Mutti wälzt außerdem jede obskure Studie, egal wie unverlässlich die ist und wird uns ihr Wissen präsentieren. Ungefragt.
Reitunterricht ist nicht so das Ding der Einhornmutti, denn sie weiß es doch viel besser, hat so viel gelesen und in ihrer Jugend so viel gelernt, das braucht sie jetzt nicht mehr.
Sie hat Fachwissen (was sie immerhin von der Einhornreiterin im Buch unterscheidet). Allerdings auch eine große Portion gefährliches Halbwissen, was besagt, dass man so ein Pferd ja auch bespaßen muss. Da wird dann dreimal die Woche mit dem Fohlen Gassi gegangen, dem Jährling der Sattel angepasst und die Zweijährige schon mal an die Longe genommen.
Wenn das süße Fohlen endlich drei ist, ist Mutti dann endlich im Sattel. Hat man ja vorher geübt und dann wird das selbstausgebildete Pferd hergezeigt. Nicht mit schönen Schibbi-Schabbis, Einhornmuttis mögen es viel lieber schlicht. Dafür trotzdem teuer, die haben nämlich Geld. Also an endlich mal passendem Equip fehlt es nicht. Dafür an Empathie, denn Mutti hat ihr Fohli doch so lieb, das muss einfach das machen was sie will: Schleifen gewinnen.
Das erste Jungpferdeturnier lässt nicht warten, Einhornmutti hat es eilig. Vielleicht mogelt sie sich sogar in die Platzierung, weil ihr Fohlen schöne Papiere hat und sie nicht ganz und gar wie ein Sandsack draufsitzt.
Ab da ist aber schon Ende der Fahnenstange, denn Mutti selbst kann jetzt auch nicht viel mehr als eine A Dressur mitreiten und eine Teilnehmerurkunde, wie früher bei den Bundesjugendspielen bekommen.
Denn ab jetzt wird es ja erst kompliziert. Außerdem erntet Einhornmutti die Früchte ihres tollen Trainings. Ab jetzt wird das Pferd nämlich widerspenstig.
Da ist guter Rat teuer. Oder gute Reitlehrer. Die Mutti auch dieses Mal garantiert wieder nicht herbeizitieren wird. Dafür wird das Pferd jetzt ein Wald und Wiesenpferd. Man wolle das doch eigentlich auch gar nicht mehr. Künftig sehen wir Mutti dann mit Baumlospad und Barhuf durch den Wald juckeln. Während sie sich insgeheim schwört, dass das nächste Pferd aber mindestens Olympiagold holt.
Foto: Juckelt jetzt auch durch den Wald. Hab allerdings keine Kinder! Grad noch mal Glück gehabt … keine Einhornmutti.