Manchmal will man doch wirklich nur mal schön reiten. Ich zum Beispiel gestern. Da wollte ich sehr schön reiten. Leider hatte ich meine Rechnung ohne: chronische Unlust, Kinder auf dem Nachbargrundstück, die das Pferd nicht sieht, Wind, Trillerpfeifenkind, Eicheln, die auf Asphalt klatschen und Bahngäste mit Koffer gemacht. Ich kann euch schon mal spoilern – so schön war’s dann nicht. Dabei wollte ich doch so gerne, so schön reiten. Ja, sicher, im Wetterbericht hieß es, dass es sehr windig wird und angeblich sogar Sturmböen und Gewitter kommen sollten, aber als ich zum Stall kam, war’s ein bisschen Wind und Sonne.

Also rauf aufs Pferd und jetzt mal in schön. Aber ich durfte schon nicht in schön satteln, weil irgendwelche unsichtbaren Kinder auf dem angrenzenden Grundstück (hinter einer Wand – in einem Innenhof) kreischten. Das fand mein Pferd plötzlich schlimm gruselig, was ihn zu einem Spurt an der Longe verleitete – begleitet von meinem Geschimpfe. Ob er sie noch alle hätte, denn ich meine: Hallo? Kinder hat der jeden Tag um sich. Da muss man sich nicht gleich deswegen fast auf die Nase legen (denn wir sprinten ja im winzigsten Kreis umher, weil ja nahe der Wand auch die Kinder näher sind). Und dann war’s auch noch windig – näääääh, da müssen wir ein großes Trara machen und die Füße schmeißen. Zehn Minuten Drama, bis das Pferd dann plötzlich in den Modus: Alles klar, keinen Bock mehr, umschaltete. Danke. Darf dann jetzt die Trense drauf? Ist’s dem Herrn genehm?

Getrenst, aufgestiegen, versucht anzureiten – nö. Griff nach der Gerte auf dem Zaun. Ooookay, dann geh ich halt mal ein bisschen. Aber nicht an die Wand, da waren vor drei Stunden die Kinder. Ich sage: “Doch.” Und Pferd so: “Okay.” Und dann darf ich zehn minuten feinste Hilfen geben, die mein Pferd gar schröcklich gerne umsetzt und sich SOOOO fein präsentiert, dass ich draufsitze und denke: Oh, wow, jetzt kann ich doch schön reiten. Bis … ja, bis ein paar Eicheln von den Bäumen neben dem Platz fallen. Auf Asphalt. Wenn es völlig windstill ist, dann hört man das. Mein Pferd hört es. Hilfe, hilfe, die bösen Eicheln, ich habe Angst, ich möchte außerdem jetzt nicht mehr Schulterherein gehen, ich bin weg. Er mäkelt noch ein bisschen herum, bis ich angaloppiere, weil ich die Schnauze voll von dem Theater habe. Das geht aber auf der einen Seite nur seitlich, weil da ja vor ein paar Minuten noch ein paar Eicheln runtergefallen sind.

Nun möchte ich aber auch noch was anderes reiten als Galopp. Ich möchte Übergänge, ich will Biegung, ich will … okay, ich will, dass das verdammte Kind seine Trillerpfeife einatmet. Wo zum Teufel ist das? Ich höre die ganze Zeit nur ein lautstarkes: “Prrrrriiiiiiii”. Das nervt mich, das nervt das Pferd, das jetzt auch nicht mehr durch den unteren Zirkel gehen will, weil man da das Kind besonders hört. Ich gehe also auf einen … na, nennen wir es halben Zirkel, weil ich da noch reiten kann, ohne, dass die Kinder auf dem Hof, die Eicheln und der Wind und das Trillerpfeifenkind stören. Bis ein paar reisende mit Koffern zum Bahnhof rennen. Da springt mein Pferd in die Zirkelmitte und will auf den Arm. Weil das nicht geht, wenn ich draufsitze, ist er voll empört und will sich nicht mit wegbewegen. Nach dem Galopp streiche ich die Segel.

Foto: Horcht mit einem Ohr immer noch nach der Trillerpfeife.