Jedenfalls behaupten Reiter das. Das Pferd beruhigt, heilt, erfreut und ist einfach da. Das klappt sicher in der Theorie manchmal, aber kaum ein Reiter gibt zu, dass das Pferd Grund für Streit, Zorn, Stress und Schmerzen sein kann, denn es ist eben auch ein Lebewesen – und wie mit Mann, Frau Kind, Apache Helikoptern, oder was für Geschlechtern auch immer – man lebt NIEMALS streitfrei. Mit Pferd schon mal gar nicht, denn das tut einfach nicht was wir sagen, sobald wir aus dem Stall verschwunden sind. Einem Kind kann man ja noch sagen: “Und Finger weg vom Backofen, ich bin nur kurz bei Edeka.” Aufs Pferd übertragen hat es, sobald wir aus dem Tor raus sind, den halben Stall abgerissen und guckt empört, weil ihm keiner aus den Trümmern hilft.

Da kommt man also in den Stall, totaaaal, entspannt. Heute möchte man ausreiten. Kann man auch … wenn man vorher einen ganzen Kübel Pferdekacke aus dem Trog geholt hat. Pferd hat nämlich Helkikopterkacken veranstaltet und großzügig Tränke Trog und Wände verziert. Gnah! Man leert und putzt alles und fängt an zu misten. Um festzustellen, dass das Pferd mal wieder sämtliche Strohhalme umgedreht hat. So richtig. Aber das macht nichts, wir sind gut gelaunt.
Die Box ist also sauber. Das Pferd jetzt nicht so, das steht nämlich noch auf der Weide. Also nur schnell Heunetz stopfen. Aber halt! Heunetze haben die Angewohnheit sich zu verknüddeln, sich zu lösen und die Schlaufen muss man auch dauernd dranfummeln. Nachdem man also spontan Reiterbondage veranstaltet hat, wird der Rollbraten aufgehangen. Nicht ohne diverse Heurückstände. Besonders gut, wenn die sich INS T-Shirt verirren.

Kleiner Tanz um sich abzuklopfen, dann das Pferd holen. Oh, Moment … das hat aber gar keinen Bock. Das möchte lieber mit seinen Buddies auf der Weide stehen und zeigt sogar ohne Hände den Stinkefinger. Außerdem hat der Reiter spontan vergessen, dass er nur seine Stallschuhe anhat. Das merkt er vor allem daran, dass ihm das Wasser bei den großen Pfützen in die Schuhe läuft. Ähm ja … da war ja was. Vielleicht ein bisschen Bachblüten? Für den Reiter?
Hat er vielleicht jetzt das Pferd und es kommt vielleicht sogar mit, latscht es schnurstracks, egal wie wasserscheu es ist, durch die große Pfütze. Juhu! Das merkt der Reiter daran, dass jetzt auch die Oberschenkel nass sind. Der Versuch Abstand zum Pferd zu gewinnen schlägt dabei unter Garantie fehl, weil das plötzlich auf den Arm will, da hinten ist ein Traktor.

Der Traktor ist auch der Grund, warum das Pferd einem fast in die Hacken springt und nicht am Anbindebalken stehenbleibt. Jippie! Reiter sind ja so leicht zu begeistern. Während des Putzens macht das Pferd noch mal spontan seine orale Phase durch und sabbert alles an. ALLES. Inklusive Reiter, der jetzt nicht nur nasse Füße und nasse Oberschenkel hat (außerdem sehr viel Heu überall), nein, er hat jetzt auch noch eine Nasse Kapuze und nasse Ärmel. Reiten macht total viel Spaß!

Während der Reiter den Sattel holen will, hört er schon ein ungutes Geräusch, aber er kann nicht so schnell wieder zum Pferd sprinten, weil ihm der ganze Klump an Zeugs aus dem Spind entgegen gekommen ist – gestern hatte er es nämlich eilig und hat nicht alles ordentlich zurückgelegt.
Fluchend macht er sich zum Pferd auf und das steht spontan frei am Putzplatz und hat das Halfter zerfetzt. Schließlich ist dahinten immer noch der Traktor, der sonst nie stört. Das Halfter war übrigens neu und teuer. Aus den Einzelteilen kann man aber ein Spitzen-Mobilee basteln.

Altes Halfter holen, Pferd anbinden, Sattel drauf. Nur noch schnell die Trense holen, da hört man schon wieder das Gezappel. Ne, ne, nicht mit mir! Rückwärtssprint, Pferd anblöken, steht jetzt wie eine Eins. Okay, mit einem Huf auf dem Anbindebalken aber etwas Schwund ist ja immer.
Trense holen: Versuch Nummer 2. Klappt auch. Zügel über den Kopf, aber die Pferdestirn juckt. Obwohl sonst gut erzogen, versucht es sich jetzt zu schubbern und wickelt den Reiter in die Zügel ein. Der brüllt nun alle Verwünschungen raus und das Pferd zieht rückwärts. Den Reiter auch, der hängt ja noch im Zügel.

Was der Reiter dann macht? Absatteln, Pferd in die Freiheit entlassen. Auch wenn es ihn in den Fingern juckt, das auf der Autobahn zu tun, ist es am Ende doch nur die Weide. Denn eigentlich hat er ja viel Spaß mit seinem Pferd. EIGENTLICH!

Foto: Ist auch lieb … eigentlich.