Reiter stellen ja sonst nur Ärzte auf Facebook in Frage, tun aber schon alles, was der so anordnet. Generell haben sie vor dem Wort Arzt also Respekt. Der ist allerdings nur so lange da, wie das Tier, respektive Pferd, von der Behandlung betroffen ist. So haben Reiter gar kein Problem damit, die letzten Impfungen ihres Pferdes mit Datum und Impfstoff herunterzurasseln, wissen aber selbst nicht, wo ihr eigener Impfpass überhaupt ist. Der könnte auch in China liegen, sie gucken eh nicht danach.
Der Tierarzt sagt, dass die kleine Schramme täglich eingeschmiert werden muss, weil sich sonst dort Narbengewebe bildet. Und der Reiter läuft mit fetten Narben umher, weil die Creme wohl zu weit weg stand, oder das jetzt einfach zu viel Mühe macht. Während wir das Pferd gleich morgens, mittags und abends eincremen.
Anschließend reiten wir auch noch mit einem Hüftbruch, weil der Arzt gesagt hat: „Sitzen dürfen Sie.“ Auf einem Pferd sitzt man doch. Im Traum kämen wir aber nicht darauf, unsere Pferd auch nur anzurühren, wenn der Tierarzt sagt: „Der muss eine Woche stramm stehen.“
Medikamente werden analysiert und genauestens mit Messbecherchen, Spritzen und Waagen abgemessen und wenn es mal auf 0,01 ungenau ist, dann wird direkt beim Tierarzt durchgeklingelt und unter Tränen der Fauxpas gestanden. Auch nachts um drei – da sind wir nicht zimperlich. Natürlich müssen die alle acht Stunden gegeben werden und dann machen Reiter das auch. Uhr stellen, oder einfach die ganze Zeit im Stall bleiben, ist hier die Devise.
Unsere Medikamente? Was für Medikamente? Falls wir es mit dem Rezept bis zur Apotheke geschafft haben sollten (denn die liegt auch in China …), haben wir das Zeug zu Hause rumliegen. Da bleibt es dann auch. Bis wir in einem Anfall von schlechtem Gewissen das dann doch mal nehmen. Ruhig ein paar Tabletten zum einnehmen. Schmeckt scheiße? Warum schäumt das denn? Ach, die hätte ich auflösen müssen …
Auch wenn es um Hormone geht, sind Reiter absolut genau, schließlich geht es ja hier um gravierende Wesensveränderungen, die dadurch hervorgerufen werden könnten. Wir selbst (zumindest die Damen) müssen trotzdem fast jeden Morgen nachschauen, ob wir unsere Pille wirklich genommen haben. Und wenn wir nicht gucken, nehmen wir halt mal zwei und merken das dann irgendwann, weil plötzlich eine fehlt. Dass wir sie genommen haben, daran können wir uns nicht erinnern. Wissen aber auf jeden Fall die letzte Rosse unserer Stute.
Das Pferd hat einen Stich, eine Wunde, oder irgendetwas, dass es nicht unreitbar macht. Trotzdem sitzen wir da, verbinden, betüddeln und schmieren die Sälbchen. Und reiten tun wir es natürlich nicht, es muss sich ja ausruhen, ist doch angegriffen.
Wir haben eine Handverletzung? Na, da kann man doch auch problemlos einhändig reiten. Wird schon schiefgehen. Noch mal auf die Hand fallen? Ja, kein Thema.
Und dann sind Reiter ja noch schlechter auf den Krankenwagen zu sprechen, als der Teufel auf Weihwasser. Fürs Pferd wird sofort in die Klinik gedüst, aber die Sanitäter, die irgendwer holt, die werden erst mal angeschnauzt: „Die Lederstiefel schneidet ihr mir nicht auf! Ist mir egal, ob das Bein mehr Teile als ein Ravensburger Puzzle hat.“
Generell wollen wir auch gar nicht da mitfahren. Wir möchten weiterreiten. Ich habe Reiter übrigens schon mit den absurdesten Verletzungen reiten sehen. Schulterbruch, Armbruch, Wirbelbruch … ach, was ist das schon? Ich darf reiten! Juhu!
Foto: Leidet auch grad. Ist total zerstochen.