Ich beschwere mich ja hin und wieder über Nichtreiter, bei denen der gesunde Menschenverstand aussetzt, wenn die hupend hinter einem Pferd herfahren. Aber die wissen es vielleicht einfach nicht besser. Daher im Zweifel für den Angeklagten. Reiter allerdings … Reiter SOLLTEN es besser wissen. Und falls nicht, sollen sie bitte ihre dreihundert Schibbi-Schabbis gegen Reitunterricht und Theorieunterricht tauschen. Denn manche von ihnen gehen mit Scheuklappen durchs Leben. Hauptsache mir geht es gut. Und natürlich meinem Pferd. Nach mir die Sintflut ist wie immer heiß begehrt.

So erlebt man es doch zum Beispiel immer wieder spannende Momente beim Hängerfahren. Da fährt man dahin, hinten drin ein etwas nervöseres Exemplar, das Hängerfahren generell mies findet, als man urplötzlich in die Eisen geht, weil ein Polo einen schneidet. Hintendrauf ein Isländersticker, am Rückspiegel baumelt die Mini-Trense. Jetzt könnte man ja meinen, dass hier vielleicht nicht die Reiterin Auto gefahren ist … aber das kann kaum für alle Autos mit Reiteraufkleber gelten, die dann scheiße fahren und am liebsten andere Mitreiter zu lustigen Vollbremsungen animieren wollen. Dann nicken die Pferde im Hänger nämlich so nett. Wehe die müssen bremsen! Dann gibt es Theater, mit Fenster runter, Stinkefinger und: “Bist du blind? Ich hab Pferde dabei!” Ach! Super …

Ist man dann im Stall angekommen, geht die Ignoranz in die nächste Runde. Da hat jemand alle Anbinder mit Zeugs belegt. Hier ein paar Heuballen, die nachher weggeräumt werden, da eine Schubkarre, hier noch ein Pferd und obwohl da eigentlich vier Pferde stehen könnten, belegt die nette Ignoranz in Person einfach alle mit sich selber. Denn das kommt ja alles weg. Heute abend irgendwann, wenn sie mit Misten fertig ist. Dafür braucht man ja lange.

Man selbst wählt also den weiteren Weg, geht noch durch die ober Stallgasse, wo man erst mal eine Boxentür vor die Nase geknallt bekommt und ein paar Funken fliegen, denn die Besitzerin des Pferdes MUSS jetzt einfach noch vor mir raus. Aus Gründen. Ist ja bestimmt auch rechts vor links in einer Boxengasse mit geschlossenen Türen.
“Huch, hab dich gar nicht gesehen”, wird geflötet. Ich bin ja auch total klein und den 1,80 Schimmel, den kann man problemlos übersehen.

Am Putzplatz angekommen gehe ich in die Ecke, wo ich meine Ruhe habe. Denke ich. Obwohl recht viele Anbinder da sind, herrscht das ungeschriebene Gesetz, immer einen auszulassen, denn wer immer die Ringe in die Wand gehauen hat, der hat noch nie ein Pferd gesehen. Als ich zum Spind gehe und mit dem Putzzeug wiederkomme, steht, obwohl unendlich viel Platz ist, jemand direkt IM Schimmel.
Ein Pony. “Die Sabi steht hier am Liebsten.”
Schön. Und deswegen muss der Schimmel sich in die Ecke quetschen, als wäre hier Ständerhaltung angesagt? Gottlob ist der lieb. Der Springschimmel und der Todesstern hätten die “Sabi” schon gefressen.

Ich parke um, putze und räume das Putzzeug weg, um nun den Sattel zu holen. Komme wieder, da steht eine andere Frau an meiner Putzkiste. “Ich hab mein Putzzeug vergessen”, sagt sie entschuldigend, statt die Frage zu stellen, ob sie es überhaupt benutzen darf. “Weiß nicht, ob du das willst. Der hatte letztens Pilz.”
Sie nimmt es trotzdem. Ach, das wäre sicher nicht so schlimm. Bin zu perplex um etwas zu sagen und sattle.

Ab in die Halle. Schlimmer kann das ja nicht werden. Ich kündige mich an und schaue rein. Eine Reiterin oben auf dem Zirkel, eine unten. Aber die steht auf der Hälfte. “Tür ist frei”, tönt es von oben. Die andere ist scheinbar völlig vertieft.
Ich gehe los, da galoppiert die auf dem unteren Zirkel plötzlich haarscharf an mir vorbei.
“Huch, wieso gehst du denn jetzt auch rein?”
“Ich habe mich doch angekündigt.2
“Das hab ich nicht gehört. Pass halt auf!”

Ähm … ja. Nächstes Mal.
Ich steige auf, gehe Schritt. Natürlich auf dem zweiten Hufschlag, nicht auf dem ersten. Macht man ja so. Da möchte sie allerdings jetzt Schulterherein üben. Immer genau dort, wo ich bin. Kann sie das nicht an der anderen Seite machen? Ich weiche auf die letzte Ecke aus und überlege, ob Warmstehen eine Option ist. Wusste nicht, dass man mit drei Pferden sich so sehr in die Quere kommen kann. In einer riesigen Halle!
Als ich endlich antrabe, bin ich eigentlich die mit der Vorfahrt. Aber Madame ist mit Pferd so seitwärtsgeneigt, dass sie mich gar nicht sieht und ich die Kollision mit einem unschönen Schwenker vermeiden muss.
“Hallo?”, fragte ich mal kurz.
“Seitengänge haben Vorfahrt.”
“Seit wann?”
Sie brabbelt was und reitet weiter. Ich verzieh mich. Draußen mag es zwar regnen, aber dafür ist es auf dem Platz einsam.

Foto: Wir üben schon mal Warmstehen im Schlaf.