Das können manche Menschen zwar nicht verstehen (“Auf Papieren kann man nicht reiten”, “Mein Pferd ist trotzdem das Beste!”), aber irgendwann hat sich irgendwer mal bei Rasse X oder Y was gedacht. Und nun finden es viele skandalös, wenn diese Rasse noch auf genau diese Weise genutzt wird. Sie wissen nämlich gar nicht, wofür das Pferd, was sie sich da in den Stall gestellt haben, gezogen ist und wundern sich dann häufig, warum es nicht mit dem Zossen klappt. Ähnlich wie bei Hundebesitzern, die sich Jagdhunde in die enge Stadtwohnung pferchen und sich wundern, warum das Vieh ihnen die Möbel zerkaut. Oder Hütehunde … oder, ach, Liste beliebig erweiterbar. Ungefähr so passiert das in den Ställen.

Und leider ist das häufigste Beispiel hier: Das englische Vollblut. Was sind da manche Reiter erschrocken und empört, das Pferd ist ja unhändelbar, es brettert im Galopp einfach davon. Es ist dafür gemacht. Das liegt ihm im Blut. Wer langsam reiten will, kauft das eine Schnarchnasenvollblut, der sich nicht mal für ein Möhrchen bewegt, der Rest, der nie schnell werden will, sollte die Finger davon lassen. Das englische Vollblut kann sich natürlich auch in nicht schnell bewegen. Aber irgendwann wird es seinen zünftigen Galopp einfordern. Dasselbe gilt für den Traber. Der hat einen Sondergang, seinen Renntrab und der ist ihm angeboren. Und er wird ihn benutzen. Damit sind auch viele Reiter überfordert. Krasse Sache, der Traber trabt dann auch … schnell.

Aber es gibt natürlich nicht nur Pferde, die auf Schnelligkeit gezogen werden, sondern auf Zugkraft, Tragkraft, Ausdauer, Gangwerk, (Stichwort Extragänge) und auch Fleischrassen haben ihren Weg unter den Sattel gefunden. Wir haben Pferde, weil wir Spaß daran haben und die althergebrachten Gründe, warum Pferderasse X jetzt so aussieht und sich benimmt oder Pferderasse Y dies oder das kann, sind uns schon lange egal geworden (jetzt mal von ein paar wenigen Rassen abgesehen). Dem Pferd aber nicht immer und manche Menschen nutzen sie daher einfach falsch. Das hat auch viel mit Erwartungen zu tun und mit komischen Aussagen wie: “Jedes Pferd kann das lernen.” Ja, schon – aber nicht jeder herkömmliche Reiter kann ein Pferd alles lehren und man sieht eben keine Shire Horses in der S-Dressur.

Auch die Besitzer von Fleischrassen reagieren häufig etwas ungehalten darauf, wenn man ihnen schonend beibringt, dass das Pferd jetzt nicht dafür gedacht ist, in der Springprüfung herumzutitschen, sondern gut zu schmecken und das reichlich. Auch wenn es manierlich springt, hat es doch seine Grenzen. Weil aber beständig in allen Pferdebüchern, den sozialen Medien und was weiß ich noch wo, der Tenor herrscht, dass man sich nur doll genug anstrengen muss, dann kann man alles erreichen, münzt man diese Fiktion auf das eigene Pferd um und denkt, das könne eben auch als Rasse X das große Rennen gewinnen und als Rasse Y in Aachen einreiten. Die harte Realität wird dann gerne verbrämt mit: “Die Richter mögen das nicht” oder: “Man wird ja nur unfair gerichtet, wenn man Rasse A reitet”.

Sicher ist das auch der Fall – Pferderassisten unter den Richtern gibt es wie Sand am Meer. Aber es hat sicher seinen Grund, dass in Aachen keiner mit nem Freiberger durch den Parcours hoppelt und auf der Galopprennbahn nur englische Vollblüter oder Araber (getrennt) um die Wette rennen. Viele Rassen sind Jahrhunderte auf etwas selektiert worden, das heißt, es ist ihnen liegt eine gewisse Neigung zu irgendetwas im Blut und ihr Körper ist dafür optimal geschnitten. Das fehlt anderen Rassen, weil sie ein anderes Zuchtziel hatten. Bitte akzeptieren. Ist fairer fürs Pferd.