Manchmal wäre es viel einfacher, wenn Reiter mehr von Pferden lernen, als Pferde von uns. Denn in einigen Situationen sind Pferde doch einfach VIEL netter als der nervige Reiter obendrauf. Oder bestimmter. Oder drastischer. Oder einfach chilliger. Wenn wir manchmal mehr unsere Probleme wie Pferde klären würden, dann wäre in vielen Reitställen Friede, Freude, Eierkuchen.

Zum Beispiel wenn es Zank gibt. Kann man ja super in der Herde beobachten. Es wird sich einmal so richtig angezickt, irgendwem wird ins Ohr gebissen und nach einer halben Stunde spätestens stehen die wieder lieb und futtern zusammen. Und wen man gar nicht mag, dem geht man aus dem Weg.
Reiter können das nicht, die machen ständig irgendwas hintenrum. Bäh, die mag ich nicht, über die rede ich mal schlecht. Wie viel einfacher wäre es, wenn die sich einmal richtig angiften und sich danach aus dem Weg gehen. Stört keinen, alle sind ruhig und jeder geht seinem eigenen Scheiß nach.
Klappt aber nicht. Die Ladys im Stall können offensichtlich schlechter Konflikte lösen, als Pferde mit ihrem Spatzenhirn – denn Pferde sind jetzt schon nicht State of the Art, was Intelligenz im Tierbereich angeht.

Kennt ihr die Leute, die nie „Nein“ sagen können? Die, denen man alle Verträge aufschwatzen kann und die am Ende noch danke sagen, obwohl sie jetzt noch drei Waschmaschinen an der Backe haben? Auch die könnten von Pferden etwas lernen.
Denn Pferde können viel besser nein sagen als Menschen. Viel viel besser. Sie stampfen zur Not bildlich auf und drohen. „Bis hierhin und nicht weiter.“ Sie können auch besser Grenzen sitzen, als all die Laissez-Faire Muttis, die ihre verzogenen Kevins und Chantalles nicht mal fünf Minuten kontrollieren können.
So ein Pferd sagt, wo Schluss ist. Überhört man das, könnte das mal doof Enden.
Man muss es ja nicht gleich so wörtlich nehmen und seinen Kevin direkt ins Gesicht treten – aber auf eine Drohung sollte schon eine Reaktion folgen – sonst ist die doch wirkungslos. Da kann man zehn mal sagen: „Die Mama geht jetzt nach Hause“ – wenn man sich nie umdreht und geht, ist der Satz doch albern.

Oder es nervt dich jemand. Die ganze Zeit schon. Militante Nahkampfredner, Leute, die einen ständig beim Reden antatschen müssen … hoho … da wäre man doch gerne Pferd. Einfach mal durchziehen. Oder nonverbal schon mit angelegten Ohren auf Abstand halten. Ach, das wär schön. Aber nein, gerade im Beruf muss man ja nett zu solchen Leuten sein. Pferde kennen nur keinen Beruf. Haben die es gut.

Auch der eigene Status Quo ist bei Pferden viel klarer. Die müssen sich auch gar nicht damit profilieren. Der Herdenchef läuft nicht täglich durch seine Herde und brüllt: „Ich bin übrigens der Chef!“. Er ist es auch. Während wir Menschen ständig unseren Status überprüfen und ihn anderen mitteilen müssen.
„Hallo, ich bin Herr Mayer, ich bin übrigens CEO!“ – das ist schön Herr Mayer, aber an der Kasse lasse ich sie trotzdem nicht vor. Sie sind nämlich nicht mein CEO. Und überhaupt, wen interessiert das!
Vielleicht könnte man das ja auch wie bei Pferden machen. Die kriegen ein Schildchen irgendwohin, das besagt: Hey guck, da steht der Derbysieger. Noch mit Gravur am Lederhalfter. Könnte man doch auch bei wichtigen Mitarbeitern, oder Leuten mit wichtigem Abschluss machen, damit sie uns das nicht mehr unter die Nase reiben.

Foto: Könnte mal für mich auf die Arbeit gehen. Danach sprechen alle beim telefonieren leise.